Sanofi und Amgen ziehen gegeneinander vor Gericht: Amgen wirft dem französischen Konzern vor, mit dem Cholersterinsenker Praluent das Patent an Repatha verletzt zu haben. Sanofi wehrt sich mit einer Klage vor dem Bundespatentgericht und will dort eine Zwangslizenz erwirken.
Seit knapp drei Jahren hat Sanofi den Lipidsenker Praluent mit dem monoklonalen Antikörper Alirocumab auf dem Markt, genauso lange wie Amgen sein Präparat Repatha, hier heißt der Wirkstoff Evolocumab. Beide Wirkstoffe hemmen die Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9 (PCSK9), ein Enzym, das die Zahl der LDL-Rezeptoren in der Leber senkt und damit die Ausscheidung von LDL-Cholesterol verringert.
Daran stört sich Amgen: Dem US-Konzern zufolge verletzt Sanofi nämlich mit Praluent das Repatha-Patent, deshalb hat er den Konkurrenten vor dem Landgericht Düsseldorf verklagt. Am 11. September beginnt das Verfahren. Man dürfte sich viel Hoffnung machen bei Amgen, denn Anfang vergangenen Jahres hatte ein US-Gericht in einem ähnlichen Fall bereits zugunsten des Konzerns geurteilt, dass Sanofi den Verkauf von Praluent einstellen muss.
Doch diesmal könnte Sanofi seinem Konkurrenten zuvorkommen: Bereits am 6. September beginnt nämlich im selben Streit ein Eilverfahren beim Bundespatentgericht. Sanofi versucht, gegen Amgen eine vorläufige Benutzungsgestattung zu erwirken. Und noch mehr: Im anschließenden Hauptverfahren will der Konzern eine Zwangslizenz nach § 24 und 81 Patentgesetz erwirken, die den Vertrieb des Medikaments in der Bundesrepublik ermöglichen würde.
Dem Gesetz zufolge ist das möglich, wenn sich der Lizenzsucher erfolglos darum bemüht hat, vom Patentinhaber eine Lizenz zu angemessenen Bedingungen zu erhalten, oder wenn es das öffentliche Interesse gebietet. Sanofi bezieht sich auf das öffentliche Interesse: Denn das eigene Präparat sei dem von Amgen so weit überlegen, dass ein Ausfall vom deutschen Markt der Gemeinheit schaden würde. Der Wirkstoff Alirocumab senke gerade bei Hochrisikopatienten das Risiko schwerer kardiovaskulärer Vorfälle im Vergleich zur Placebo-Gruppe um 24 Prozent und die Gesamtmortalität um 29 Prozent, argumentiert Sanofi. Zudem bestehe auch für Patienten, die nicht der Hochrisikogruppe angehörten, ein Bedarf an der Verfügbarkeit von Praluent, der gerade in der Zeit nach einem akuten Koronarsyndrom oder anderen kardiovaskulären Ereignissen besonders hoch sei.
Andere Medikamente, die gleichwertig seien, gebe es nicht. Deswegen sei die Vergabe einer Zwangslizenz berechtigt. Amgen sieht das naturgemäß anders und weist die Behauptung einer therapeutischen Überlegenheit Praluents gegenüber Repatha zurück. Würde das Patetgericht eine solche Zwangslizenz verhängen, könnte Sanofi dann zu bestimmten Konditionen seinen Cholesterinsenker vertrieben. Wie diese Konditionen aussehen, müssten Sanofi und Amgen untereinander ausmachen. Scheiterten die Verhandlungen, würde das Patentgericht über die Konditionen entscheiden müssen.
Im Patentstreit zwischen MSD Sharp & Dohme und dem japanischen Hersteller Shionogi beispielsweise entscheid das Patentgericht vergangenen November, dass MSD 4 Prozent des Umsatzes seines HIV-Medikaments Isentress als Lizenzgebühr zahlen muss. MSD hatte maximal 1,1 Prozent gefordert, Shionogi hingegen wollte 8 Prozent. Bei der Entscheidung orientierte sich der Senat daran, was in einem fiktiven Lizenzvertrag zwischen den beiden Firmen vereinbart würde. Dabei wurden die im Produktbereich üblichen Lizenzgebühren zugrunde gelegt.
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