Cheplapharm

Riemser reloaded Patrick Hollstein, 14.02.2015 10:00 Uhr

Berlin - 

Eigentlich wollte sich Professor Dr. Dagmar Braun nach dem Verkauf von Riemser zur Ruhe setzen. Doch daraus wurde nichts – die erfahrene Pharmamanagerin wurde noch gebraucht: Mit Cheplapharm baut die Familie seit einigen Jahren einen neuen Mittelständler auf. Zum Jahreswechsel ist nach dem Sohn auch die Tochter in die Geschäftsführung eingetreten.

Cheplapharm wurde 1998 von Kurt Teubner in Freiburg gegründet. Nach Jahren im Dienst von Ciba-Geigy (heute: Novartis) wollte sich der 1938 geborene Pharmamanager pünktlich zur Pensionierung noch einmal selbstständig machen. Er sprach einen ehemaligen Kollegen an: Norbert Braun hatte 1992 gemeinsam mit seiner Frau, einer Allgemeinärztin, den aus dem Friedrich-Loeffler-Institut hervorgegangenen Tierarzneimittelhersteller Riemser aus der Treuhand-Masse übernommen.

Das Paar wusste, wie man erfolgreich zwischen den Großen der Branche segelt. Die Brauns überließen Teubner ein paar Produkte, die damals nicht zu Riemser passten. Dazu gehörte das homöopathische Mittel Cheplaren, das gleich zum Namensgeber wurde.

Mit 65 Jahren zog sich Teubner zurück und überließ seinen bisherigen Partnern die Firma. Noch im selben Jahr wurde der Firmensitz nach Mesekenhagen bei Greifswald verlegt; während sich die Eltern um die Expansion von Riemser kümmerten, übernahm Sebastian Braun die Geschäftsführung bei Cheplapharm. Seitdem ist die Firma stetig gewachsen, in diesem Jahr soll die Umsatzschwelle von 100 Millionen Euro genommen werden.

Das Erfolgsrezept ist dasselbe wie bei Riemser: Produkte kaufen, für die andere Hersteller keine Verwendung mehr haben – vor allem Altoriginale, die zwar weniger in Deutschland, dafür aber im Ausland nachgefragt werden. Weil die Unternehmen der Familie auch als Lohnhersteller aktiv sind, gibt es beste Kontakte.

So ziemlich jeder große Hersteller hat bereits Geschäfte mit der Familie Braun gemacht; mehr als 70 Übernahmen sind in den vergangenen Jahren bei Riemser und Cheplapharm zusammengekommen. So kaufte die Familie unter anderem bei Roche, Wyeth, Boehringer Ingelheim, Sanofi, Merck, UCB, Servier, GlaxoSmithKline, Grünenthal, Lilly, Medice und Procter & Gamble.

Zu den größten Deals bei Cheplapharm gehören die Übernahmen von Distraneurin/Heminevrin von AstraZeneca Ende 2010 sowie von Rohypnol und Vesanoid von Roche zwei Jahre später. Nicht immer sind solche Geschäfte einfach: „Kompliziert wird es immer dann, wenn Sie einziger Anbieter für ein bestimmtes Produkt sind. Gerade im onkologischen Bereich haben Sie dann eine unglaubliche Verantwortung“, sagt Dagmar Braun.

Für das Rx-Geschäft ist der deutsche Markt von untergeordneter Rolle; laut Braun hat man als Hersteller mit Ausschreibungen, Preismoratorium und Zwangsrabatt kaum Bewegungsfreiheit: „Das Geschäft macht deswegen keinen richtigen Spaß mehr, weil es oft unberechenbar ist.“ Entsprechend hoch ist mit 75 Prozent der Auslandsanteil bei Cheplapharm, Tendenz eher steigend. In mehr als 80 Ländern weltweit ist das Unternehmen mittlerweile vertreten, in den USA gibt es seit der Übernahme von Glenwood Ende 2013 sogar eine eigene Repräsentanz.

In deutschen Apotheken ist das Unternehmen vor allem als OTC-Anbieter bekannt: Gelusil Lac wurde im Juni 2008 von Johnson & Johnson übernommen, Baldrian dispert wurde im April 2009 von Remedica, Thüringer Arnikatinktur 2011 von Klosterfrau, Reisegold und Halbmond im September 2013 von Teva.

„In diesem Bereich ist Deutschland durchaus ein attraktiver Markt, denn die Verbraucher hierzulande sind sehr markentreu“, sagt Bianca Yasmin Yuha, die zum Jahreswechsel ihre Mutter in der Geschäftsführung abgelöst hat. Die 32-Jährige hat BWL und Medizin studiert und kümmert sich um alle wissenschaftlichen Themen, während ihr zwei Jahre älterer Bruder für das Kaufmännische zuständig ist.

Einen Außendienst gibt es bei Cheplapharm nicht, auch die Produktion ist, bis auf die Sekundärverpackung, komplett bei Lohnherstellern angesiedelt. Ende vergangenen Jahres ist die Firma von Mesekenhagen nach Greifswald umgezogen – aus ursprünglich drei Mitarbeitern waren 74 geworden. 14 weitere Angestellte arbeiten in Hamburg bei den Schwesterfirmen Walter Ritter und Sanavita. Außerdem gehört das ehemalige Vertriebszentrum von Riemser mittlerweile zu Cheplapharm.

Neue Zukäufe gibt es auch zu vermelden: Von Boehringer kaufte Cheplapharm Ende vergangenen Jahres das Desinfektionsmittel Streptosil, das ausschließlich in Italien vermarktet wird. Außerdem sicherte sich Cheplapharm von UCB die Rechte für die Antihypertonika Dopegyt und Pertenso sowie für das Schmerzmittel Octadon und das bei Verdauungsstörungen eingesetzte Enzympräparat Cotazym.

Parallel zum Pharmageschäft ist die Familie in anderen Branchen aktiv: Getreu der Anlagephilosophie „Farma, Food & Fun“ gehören zum Portfolio unter anderem Feinkost-Firmen, Großfleischereien, Lebensmittelgroßhändler, ein Metallbetrieb sowie Textilgeschäfte und mehrere Hotels. Für die Verdienste um den Aufbau Ost wurden Norbert und Dagmar Braun 2010 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.