China

Wettrennen im Gesundheitsmarkt

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Peking -

Weißer Kittel und ein freundliches Lächeln: Die Hostessen im Stil von Krankenschwestern auf dem Messegelände in Peking bezirzen die Besucher. „Noch müssen Sie ewig auf einen Termin beim Arzt warten und zahlen viel Geld für Medikamente. Aber das kann sich bald ändern“, sagt eine Angestellte am Stand der Firma Pingan-Haoyisheng. Sie streckt den Besuchern ein Smartphone entgegen. Der ständige Begleiter soll dank der Software des Unternehmens zur Schaltstelle für alle Medizinfragen werden – und dem Konzern dicke Gewinne einbringen.

Bislang hat in China der Staat Grenzen für die Preise von Medikamenten festgesetzt. Zum 1. Juni werden die Preisvorgaben für die meisten Medikamente aufgehoben. Wettbewerb soll die Handelspreise für Medikamente bestimmen.

Jetzt ist ein Wettrennen um den lukrativen Gesundheitsmarkt ausgebrochen. Nicht nur Pharmakonzerne und Versicherungen, sondern auch Technikunternehmen und Finanzkonzerne drängen in den Markt. „Das wird einen gewaltigen Einfluss auf den Markt haben“, sagt Chang Feng. Chang leitet die Fakultät für Marktentwicklung an Chinas Pharma-Universität in Nanjing.

Schon jetzt ist China zum größten Gesundheitsmarkt der Welt hinter den USA aufgestiegen. Bis 2020 soll der Umsatz der Branche auf eine Billion US-Dollar ansteigen. Jede Firma möchte so viel wie möglich von dem Wachstumsmarkt ergattern.

Vorreiter unter den Neueinsteigern in der Branche ist Alibaba. Mit der Gesundheitstochter Ali Health positioniert sich das Handelsunternehmen als einflussreicher Dienstleister. Im ersten Schritt will die Firma eine Plattform für einen Preisvergleich von verschreibungspflichtigen Medikamenten anbieten.

Das Fernziel ist eine Online-Plattform für den Verkauf von Arzneimitteln und Dienstleistungen. Der Online-Riese Alibaba hat genug Geld für Experimente im Gesundheitssektor. Beim bisher größten Börsengang an der New York Stock Exchange im September hatte die Firma rund 25 Milliarden Dollar eingesammelt.

Aber die Ankündigung von Ali Health kommt in China einer Revolution gleich. Bislang ist der Markt für Medikamente sehr intransparent. Ärzte und Krankenhausangestellte werden chronisch schlecht bezahlt. Sie bessern sich ihr Einkommen daher mit der Verschreibung von teuren Medikamenten auf und kassieren Provisionen von Pharmaunternehmen. Teilweise schalten sie sich sogar als Vermittler beim Einkauf von Arzneien zwischen Krankenhaus und Pharmaherstellern ein und kassieren auch dabei mit.

An dieser Praxis verdienen Ärzte, Krankenhäuser und Pharmafirmen. Dafür müssen Patienten und Krankenkassen die Kosten tragen. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hat ein effizientes und hochwertiges Gesundheitssystem zum Ziel erklärt. Seit zwei Jahren gehen Ermittler gegen die illegalen Geschäfte im Gesundheitssektor vor. Besonders der britische Pharmariese GlaxoSmithKline steht im Zentrum von Ermittlungen.

Alibaba bietet sich als Kooperationspartner der Regierung an, um die illegalen Preisabsprachen zu unterbinden. In der Provinz Hebei bei Peking läuft ein Pilotprojekt. Mit einer App für Smartphones können Nutzer ein Foto von einem Rezept hochladen. Apotheken in der Region können dann Gebote abgeben. Das günstigste Angebot bekommt den Zuschlag. Die Zahlung wird über Alibabas Plattform AliPay abgewickelt und das Arzneimittel direkt zum Patienten geliefert. „Das schafft eine größere Transparenz und ist gut für den Wettbewerb“, sagt Pharma-Experte Chang Feng.

Schon hat das Konzept Nachahmer. Alibabas Rivale Tencent hat sein populäres Chatprogramm WeChat um Gesundheitsfunktionen erweitert. Nutzer können über das Programm Termine bei Ärzten reservieren und Medikamente für WeChat bezahlen. Eine Plattform für Medikamente wäre der nächste logische Schritt. Die Firma Pingan-Haoyisheng verfolgt eine ähnliche Strategie. Dahinter steht der Finanzdienstleister Pingan, zu dem auch eine Versicherung gehört.

Die großen Leidtragenden der Reform könnten Chinas Krankenhäuser werden. Die staatlichen Kliniken stellen den Krankenkassen fast ausschließlich staatlich festgesetzte Pauschalen für Behandlungen in Rechnung. Kliniken klagen seit Jahren, dass die Beträge die Kosten für die Behandlung nicht decken. Einnahmen aus dem Medikamentenverkauf machen einen großen Teil des Umsatzes aus. Springt der Staat nicht ein, um ihnen den Verlust auszugleichen, können viele Kliniken in finanzielle Schwierigkeiten geraten.

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