Für die Einen ist „Medco Celesio“ die Fusion der beiden größten Versandapotheken Europas, für die Anderen Anlass für neuerliche Übernahmespekulationen. Die Protagonisten selbst sehen sich als „absolut gleichberechtigte Partner“ mit einer gemeinsamen Vision für das Gesundheitswesen und der Idee, dass 1+1 mehr als 2 ergeben könnte. Noch in diesem Jahr soll bewiesen werden, dass „mehr Gesundheit für weniger Geld“ möglich ist.
Drei Geschäftsbereiche soll „Medco Celesio“ haben: Versandapotheke, Homecare/Specialty Pharmacy und klinische Analysen. „Der erste Bereich liefert schon Geld ab, der zweite ist unterwegs, der dritte ist zukunftsorientiert“, erklärte Celesio-Chef Dr. Fritz Oesterle in Berlin. Auf lange Sicht soll der medizinische Wissenstransfer zum Hauptstandbein werden.
Bereits seit einigen Wochen wirbt Oesterle in der Öffentlichkeit für eine sektorenübergreifende Versorgung und mehr Effizienz im Gesundheitswesen. „Das Netz der Versorgung ist bei Weitem nicht lückenlos und bei Weitem nicht optimal auf den Patienten abgestimmt“, so der Konzernchef, der nach dem EuGH-Urteil zum Fremdbesitzverbot nach neuen Zugängen zum Endkundengeschäft sucht.
Vor allem bei der Therapietreue von Chronikern sehen Celesio und Medco Nachholbedarf - und einen gewaltigen Hebel zur Entlastung des Gesundheitswesens. „Medco Celesio“ will für Krankenkassen Verordnungsdaten auswerten, damit diese Versorgungslücken schließen und die Effektivität von Gesundheitsprogrammen kontrollieren können. Stimmt der Patient zu, können Kasse oder Konzern auch die individuelle Compliance auswerten und gegebenenfalls korrigieren, zum Beispiel über Callcenter-Mitarbeiter, den Arzt oder den Apotheker vor Ort.
Durch die engmaschige Kontrolle sollen Chroniker außerdem länger im häuslichen Umfeld gepflegt werden, selbst mit anspruchsvollen Medikamenten: Die Betreuung vor Ort übernehmen im Rahmen des Geschäftsbereichs Homecare/Specialty Pharmacy Pflegedienste. Die Belieferung erfolgt beispielsweise durch die beiden Versandapotheken des Joint Ventures.
Noch gibt es keinen rechtlichen Rahmen für das Konzept der beiden Konzerne. Doch das soll sich ändern: Laut Oesterle wird den Gesundheitspolitikern in Europa gar nichts anderes übrig bleiben, als entsprechende Vergütungsmodelle zu schaffen. In Ministerien und bei Krankenkassen ist Oesterle eigenen Angaben zufolge auf offene Ohren gestoßen.
Entsprechend optimistisch ist man bei Celesio, noch in diesem Jahr einen Modellversuch starten zu können. Die Kompetenzen sind klar verteilt: Software und Know-How bringt Medco aus den USA mit, Celesio soll als Großhändler und Kettenbetreiber das Verständnis haben, welcher Weg in welchem Land der richtige ist. Starten will „Medco Celesio“ in Deutschland. Im Visier ist ganz Europa.
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