Celesio: 10.000 statt 500 Apotheken Patrick Hollstein, 28.03.2012 13:04 Uhr
Mit Rx-Bonus geht nicht wegen der Apotheker, ohne Rx-Bonus funktioniert nicht bei den Verbrauchern. Die Entscheidung, DocMorris zu verkaufen, war für den neuen Celesio-Chef Markus Pinger am Ende alternativlos. Die Aktionäre brauchen jetzt einen langen Atem, denn der Ausstieg aus dem Versandgeschäft ist nur ein Teil der Aufräumarbeiten. Erst 2014 will sich Celesio mit neuem Elan zurückmelden: Statt mit 500 DocMorris-Apotheken will Pinger mit einem Netzwerk von bis zu 10.000 Apotheken in ganz Europa antreten.
Man habe alle Optionen intensiv geprüft, aber die Integration der Versandapotheke in ein gemeinsames Multichannel-Konzept mit den Partnerapotheken habe sich am Ende als „nicht realisierbar“ erwiesen, sagt Pinger. „Deshalb haben wir uns entschlossen, diesen Konflikt klar und geradlinig zu lösen.“ Wie der Verkauf aussehen soll, ist unklar: Für die rund 160 Markenpartner soll eine Lösung gefunden werden.
Noch 2012 will Pinger die Versandapotheke an den Mann bringen und mit der Ära DocMorris abschließen. Daraus könnte sogar ein Geschäft werden: 200 Millionen Euro hatte Pingers Vorgänger Dr. Fritz Oesterle 2007 für DocMorris bezahlt; damals machte die Versandapotheke knapp 210 Millionen Euro Umsatz und Verlust. 2011 ging DocMorris mit 327 Millionen Euro (plus 16 Prozent) und einem kleinen Gewinn aus dem Rennen.
Nicht mehr auszugleichen sind vermutlich die Folgen von Kunden- und Imageverlusten: Laut Pinger hat die Großhandelstochter Gehe im Zusammenhang mit der DocMorris-Übernahme rund 30 Prozent seiner Kunden und 2,5 Prozentpunkte beim Marktanteil verloren. Mittlerweile sei man wieder bei ungefähr 16 Prozent angekommen. Aber auch das Vertrauen in das Unternehmen sei belastet: „Die strategische Neuausrichtung und schnelles Handeln waren unumgänglich“, sagt Pinger.
Bei Celesio gibt es derzeit viele Baustellen. Dringend gesucht werden Antworten auf die Frage, wie das Profil des Konzerns künftig aussehen soll. „End-to-end Supply“, heißt Pingers Ansatz: Arzneimittellogistik vom Fabriktor beim Hersteller bis ins Generalalphabet oder die Sichtwahl der Apotheken – und zwar länderübergreifend. So soll der Einkauf international gebündelt werden; erste Effekte sollen schon im zweiten Halbjahr zu sehen sein. Pinger geht von Einsparungen im zweistelligen Millionenbereich aus.
Auf der anderen Seite sollen die rund 2300 eigenen und 4500 Partnerapotheken in einem europaweiten Netzwerk gebündelt werden, das am Ende sogar 10.000 Apotheken umfassen soll. Im Netzwerk sollen Service- und Shopkonzepte für Apotheken entwickelt werden – von der Lagerverwaltung bis hin zu Betreuungsprogrammen für Chroniker.
Celesio will für die Apotheken Größenvorteile generieren, weit über die Möglichkeiten der Berufsvertretung hinaus. Am Feindbild wird fleißig gebastelt: Drogerie- und Supermarktketten könnten im Falle einer Liberalisierung in den Markt drängen und für „schwierigen Wettbewerb“ sorgen. Celesio und die angeschlossenen Apotheken sollen aber nicht nur Masse, sondern auch Qualität dagegen setzen.
Die Konzepte werden aktuell erarbeitet und im kommenden Jahr erprobt. 2014 soll es den Roll-out geben. Dann sind auch größere Zukäufe wieder denkbar: in Lateinamerika etwa oder auf mittlere Sicht auch im Mittleren Osten. Bis dahin wird nicht gekauft, sondern verkauft: DocMorris, Movianto und Pharmexx. Dazu gibt es ein Sparprogramm, das einmalig 100 Millionen Euro kosten und dann jährlich Einsparungen von 50 Millionen Euro bringen soll.