Nach dem immer noch nicht vollständig aufgeklärten Lunapharm-Fall um angeblich illegal aus Griechenland importierte Krebsmedikamente zeichnet sich ein neuer Arzneimittelskandal um Reimporte ab: Wie der SWR berichtet, hat die Staatsanwaltschaft Trier sechs – teilweise ehemalige – Mitarbeiter des Parallelhädlers CC Pharma aus Densborn in der Eifel angeklagt – wegen Betrugs mit reimportierten Medikamenten aus der Türkei in großem Stil.
Einem Spediteur aus den Niederlanden wird Beihilfe zum Betrug vorgeworfen. Laut Staatsanwaltschaft geht es um elf verbotene Medikamentenlieferungen aus der Türkei im Jahr 2010. Diese Arzneimittel seien von den Angeklagten in mehr als 2200 Fällen vor allem an deutsche Apotheken verkauft worden. Das Unternehmen soll damit einen Umsatz von rund 7,7 Millionen Euro gemacht haben. Die Herkunft der Medikamente sei verschleiert worden.
Bei den Importen aus dem Nicht-EU-Land Türkei soll die wahre Herkunft der Medikamente verschleiert worden sein, weil Medikamente aus Nicht-EU-Ländern in Deutschland in der Regel nicht vertrieben werden dürfen, so der Bericht. Den Abnehmern der Medikamente entstand laut Staatsanwaltschaft dadurch ein Vermögensschaden.
Die Ermittlungen wurden dem Bericht zufolge vom Bundeskriminalamt seit 2009 geführt, sie waren laut Staatsanwaltschaft sehr umfangreich. Es waren große Mengen Unterlagen beschlagnahmt worden, die ausgewertet werden mussten. Es wurde in mehreren Ländern ermittelt, in der Türkei, in Bulgarien, Österreich und Zypern, dafür waren so genannte Rechtshilfeersuchen erforderlich. Es ging vor allem darum, die genauen Lieferwege der Medikamente vom Hersteller bis zum Endabnehmer zu rekonstruieren.
Die Abnehmer der Medikamente, die in Unkenntnis der wahren Herkunft davon ausgingen, es handele sich um EU-Ware und damit um arzneimittelrechtlich vertriebsfähige Medikamente, bezahlten den für EU-Re-Importe üblichen Marktpreis. Hierdurch entstand ihnen - da die Medikamente arzneimittelrechtlich nicht vertriebsfähig waren - ein Vermögensschaden, so die Staatsanwaltschaft. Die Angeschuldigten hätten in Abrede gestellt, sich strafbar gemacht zu haben. Soweit sie sich eingelassen hätten, hätten sie sich dahingehend geäußert, nur Geschäfte getätigt zu haben, die rechtlich zulässig gewesen seien.
Die Anklage ist laut Staatsanwaltschaft bereits Mitte 2018 zur Großen Strafkammer des Landgerichts Trier erhoben worden. Die Strafkammer hat das Verfahren im Februar 2019 der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Koblenz zur Übernahme vorgelegt, weil es sich ihrer Auffassung nach um eine Wirtschaftsstrafsache im Sinne von § 74c des Gerichtsverfassungsgesetzes handele. Die Wirtschaftsstrafkammer hat eine Übernahme jedoch abgelehnt und im Juli 2019 das Hauptverfahren vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Trier eröffnet. Ein Termin zur Hauptverhandlung ist noch nicht bestimmt.
Im vergangenen Jahr hatte CC Pharma noch seine Betriebsfläche am Standort Densborn mit der Grundsteinlegung für ein drittes Gebäude mit einer Fläche von 2600 Quadratmetern für Produktions-, Lager- und Büroräumlichkeiten erweitert. Der Importeur, der 2019 auch sein 20-jähriges Bestehen feierte, wollte damit 30 neue Arbeitsplätze schaffen. Das Investitionsvolumen des Neubaus in Densborn belief sich nach Firmenangaben auf 2,5 Millionen Euro. CC Pharma erweitert damit seine Fläche auf insgesamt 6400 Quadratmeter. „Als wir CC Pharma 1999 gründeten, war noch nicht absehbar, dass sich das Unternehmen zu einem der führenden Arzneimittelimporteure in Deutschland entwickelt“, so Geschäftsführer Dr. Thomas Weppelmann.
Gestartet war CC Pharma als Nischenanbieter für Hochpreiser, heute zählt das Unternehmen zu den führenden Importeuren der Branche. Weitere Produktgruppen unter den Marken CC vital und CC beauty ergänzen das Angebot ebenso wie der Vertrieb von medizinischem Cannabis. Seit 2006 liegt der Firmensitz von CC Pharma in Densborn. Drei Jahre später erweiterte der Arzneimittelimporteur den Standort bereits durch den Neubau eines zweiten Gebäudes. Mit derzeit mehr als 230 Mitarbeitern ist der CC Pharma ein wichtiger Arbeitgeber in der Eifel. Geschäftsführer Dr. Manfred Ziegler: „Aufgrund der anhaltenden positiven Entwicklung unseres Unternehmens planen wir für die nächsten drei Jahre bis zu 30 neue Arbeitsplätze schaffen zu können.“
Seit Januar 2019 gehört CC Pharma dem am NYSE börsennotierten kanadischen Cannabisunternehmen Aphria. Durch die Akquise verstärkte CC Pharma sein Importgeschäft durch den Vertrieb von medizinischem Cannabis. Hendrik Knopp, dritter Geschäftsführer bei CC Pharma und verantwortlich für den Bereich Cannabis, sieht in der Übernahme das Wohl der Patienten: „Durch die Kombination unserer Präsenz im deutschen Apothekenmarkt mit Aphrias Erfahrung als weltweit führendes Cannabisunternehmen können wir unseren Teil dazu beitragen, den wachsenden Bedarf für medizinisches Cannabis auf dem deutschen Markt zu decken.“
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