Die FDP hofft bei der Bundestagswahl im Herbst auf den Wiedereinzug ins Parlament. Auch Jörg Berens würde gerne Abgeordneter der Liberalen werden. Früher war er schon einmal nah dran – als Mitarbeiter des ehemaligen Bundesgesundheitsministers Daniel Bahr (FDP). Aktuell kümmert sich Berens bei der Versandapotheke DocMorris um die sozialen Netzwerke. Seine Chancen auf ein Abgeordnetenbüro stehen allerdings äußerst schlecht.
Von 2011 bis 2016 war Berens Vorsitzender der FDP in Münster. Seit 2014 ist er im Rat der Stadt und kümmert sich nach eigenen Angaben vor allem um die Themen Schule, Personal und Ordnung. In der Legislaturperiode 2009 bis 2013 arbeitete er für seinen Parteifreund Bahr, der erst Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium wurde und später für Philipp Rösler (FDP) als Minister nachrückte. Berens war zudem im Bundesvorstand der Jungen Liberalen.
Doch wie für viele Mitarbeiter der FDP endete die Arbeit im Bundestag jäh mit dem Ausscheiden der Liberalen aus dem Parlament – die FDP war erstmals seit Bestehen an der 5-Prozent-Hürde gescheitert. Berens wechselte zu DocMorris und ist dort seither als Social-Media-Manager tätig. Er betreut die Auftritte der Versandapotheke bei Twitter, Facebook und Google+ sowie den DocMorris-Blog.
Beschwert sich etwa ein Kunden bei Facebook über die Leistung der Versandapotheke, fängt Berens das ab, fragt nach der Kundenkennung und versucht den Fall zuzuordnen und zu klären. Neulich ging es etwa um den vermeintlich fehlenden Hinweis auf mögliche Wechselwirkung zwischen Talcid und Schilddrüsenmedikamenten. Berens postete den Link in den DocMorris-Shop, in dem auch der Beipackzettel hinterlegt ist: „Leicht einsichtig ist der Beipackzettel & Warnhinweise. Außerdem bieten wir auf vielfältigen Wegen auch die Beratung an.“ Die Fragende wurde von ihm schließlich enttarnt: „Na, da scheint ein Apotheker zu sprechen.“
Es folgte eine ausschweifende Debatte, an der sich auch mehrere Apotheker beteiligten. Diskutiert wurde etwa über den Nacht- und Notdienstfonds und die Rolle der Versender allgemein: „Versandapotheken sind eine Ergänzung zur Vorort-Apotheke. Lassen wir doch die Patienten entscheiden, wie sie sich mit Medikamenten versorgen wollen“, schrieb Berens.
Als Social-Media-Manager muss man manchmal auch persönliche Angriffe einstecken. Eine Nutzerin schrieb: „Ach ich glaub das hat hier keinen Sinn mehr. Die Leute die hier von DocMo kommentieren sind Marketing-Menschen oder BWL'er . Denke die haben nicht viel Ahnung wie es in einer Apotheke abläuft.“ Berens ließ sich – einen Zwinkersmiley als emotionalen Puffer nutzend – hinreißen: „Ich glaub auch, dass das keinen Sinn hat. Aber mit Ihrer Vermutung liegen Sie falsch.“
Jetzt kandidiert Berens für den deutschen Bundestag. Die Freien Demokraten fehlen aus seiner Sicht im Parlament – schon wegen des Wiedererstarkens der politischen Extreme. Berens ist überzeugt Europäer, der dennoch Defizite kritisieren und Veränderungen herbeiführen möchte. „So brauchen wir eine Europäische Union, die den Bürgerinnen und Bürgern endlich wieder näher ist als bisher und keine eine Union, die sich scheinbar auf eine Wirtschaftsunion beschränkt“, so Berens.
Er wurde von der FDP im Wahlkreis Stadt Münster als Direktkandidat nominiert. Bei der Bundestagswahl dürfte es allerdings schwer werden, über die Erststimmen einen Platz im Parlament zu ergattern. Die Wahlkreise gewinnen in aller Regel die Kandidaten der Union oder – mit Abstand – der SPD. Bei der Wahl 2013 gingen lediglich vier Berliner Wahlkreise an die Linken, ein einziger an die Grünen.
Für Mitglieder der kleineren Parteien kommt es deshalb auf einen guten Listenplatz an. Je höher die Position, desto größer die Wahrscheinlichkeit, über die Verteilung der Plätze aus den Zweitstimmen ein Mandat zu erhalten.
Allerdings sieht es auch hier nicht gut für Berens aus: Nach einem Bericht der Westfälischen Nachrichten hat der FDP-Kreisvorsitzende aus Münster „Schiffbruch erlitten“, einen „politischen Tiefschlag“ hinnehmen müssen. Bei der Kandidatenaufstellung des Bezirksverbandes sei er zunächst gegen den FDP-Landtagsabgeordneten Karlheinz Busen durchgefallen. „Danach fuhr Berens im Rennen um Listenplatz zwei das schlechteste Ergebnis der vier konkurrierenden Bewerber ein. Dabei gaben nicht mal alle 20 Delegierten aus Münster ihrem Vorsitzenden die Stimme“, so der Bericht.
Auf der Landesliste zur Bundestagswahl landete Berens schließlich nur auf Platz 42. Ohne Direktmandat seines Wahlkreises wird es mit dem Einzug in den Bundestag nach aller Wahrscheinlichkeit nichts, sofern der FDP das Comeback überhaupt gelingt.
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