Lange haben die Großhändler über eine „Rabattschlacht“ geklagt, jetzt rollt der Gegenangriff. Die Kürzungen laufen parallel an und entsprechen sich auch inhaltlich. Viele Apotheken vermuten ein abgestimmtes Verhalten der Großhändler. Das Bundeskartellamt hat sich in der Vergangenheit schon öfter für den Großhandelsmarkt interessiert – und millionenschwere Geldbußen verhängt. Doch in einem so engen Markt wird es für die Wettbewerbshüter immer schwieriger, Absprachen nachzuweisen.
Aktuell erhebt Phoenix regional einen „Leistungsbeitrag“, Gehe einen „Servicebeitrag“ – in beiden Fällen bedeutet das eine pauschale Kürzung von 1 Prozent. Alliance Healthcare hat bereits einen „Strukturausgleich“ angekündigt, Gehe einen „Bestellstrukturausgleich“, Phoenix einen „Konditionensicherungsausgleich“. Gemeint ist jeweils eine Rabattbereinigung je nach Einkaufsverhalten.
Dass mehrere Händler gleichzeitig ihre Konditionen anpassen, ist aus Sicht des Kartellamtes noch kein Beleg für ein illegales Kartell: „Oft bewegen sich die Preise nur scheinbar parallel, in Wahrheit schauen die Unternehmen einfach voneinander ab. Das ist nicht verboten, solange es sich nicht um Absprachen handelt“, so ein Sprecher der Behörde. Bei den Tankstellenbetreibern etwa würden die Preise in wenigen Minuten nachgebildet. Dazu seien ganze Mitarbeiterstäbe ausschließlich mit der Beobachtung des Marktes beauftragt.
Die Frage, ob es sich beim pharmazeutischen Großhandel um ein Oligopol handele, lasse sich nicht ohne eingehende Prüfung beantworten. „Aber wir sprechen hier sicherlich von einem hoch konzentrierten Markt“, so der Sprecher. Es sei nicht verboten und auch grundsätzlich aus wettbewerblicher Sicht wünschenswert, wenn sich Mitbewerber beobachteten. „Aber wenn sich alle wie durch Zauberhand gleich verhalten, ist das natürlich nicht im Sinne des Wettbewerbs.“
Hinweise von Apothekern zu einem auffälligen Preisverhalten reichen nicht aus. Damit das zuständige Amtsgericht Bonn den Kartellwächtern einen Durchsuchungsbeschluss erteilt, müssen die Ermittler mehr liefern: „Es muss ein hinreichender Anfangsverdacht bestehen. Wir können nicht ins Blaue hinein ein Verfahren eröffnen und Durchsuchungen durchführen“, so der Sprecher.
Für weitergehende Ermittlungen benötigt das Kartellamt etwa Dokumente oder Mails, die Hinweise auf Absprachen liefern – oder einen Kronzeugen. Die Hälfte aller Kartellverfahren wird durch die Hinweise eines Insiders ausgelöst. Ein Unternehmen steigt aus dem Kartell aus und entgeht so über die Kronzeugenregelung einer Strafe.
Ansonsten ist es für die Wettbewerbshüter kaum nachweisbar, dass sich Unternehmen tatsächlich abstimmen. Bei den Tankstellenbetreibern stand nach mehrjähriger Prüfung im Mai 2011 das Ergebnis, dass die fünf großen Konzerne Aral/BP, Shell, Jet, Esso und Total zwar keine Preisabsprachen träfen, aber ein marktbeherrschendes Oligopol bildeten. Kartellamtschef Andreas Mundt konstatierte damals: „Die Unternehmen verstehen sich ohne Worte. Das führt zu überhöhten Preisen.“
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