easy-Apotheker meldet Noweda-Boykott Alexander Müller, 05.02.2015 12:11 Uhr
Apotheker Lutz Steinfurth unternimmt viel, um seinen Kunden einen möglichst guten Service zu bieten: Seine Apotheke in Heinsberg ist von 8 bis 20 Uhr durchgehend geöffnet, auch samstags. Die Straffung des Notdienstes in Nordrhein kritisiert er, weil die Patienten dadurch weitere Wege haben. Umso mehr ärgert ihn, dass er seine Kunden manchmal nicht so schnell versorgen kann, wie er gern würde. Denn von der Noweda wird Steinfurth nicht mehr beliefert, seit er easy-Apotheker ist. Jetzt hat er das Bundeskartellamt und die Wettbewerbszentrale über den Lieferboykott des Großhändlers informiert.
Heinsberg liegt an der niederländischen Grenze, Steinfurth hat die Apotheke 2010 eröffnet und betreibt bereits seit 2007 eine weitere easy-Apotheke im nahe gelegenen Hückelhoven. Mit seiner ersten Apotheke, der Burg-Apotheke in Wassenberg, war er seit 1990 auch Kunde bei der Noweda, hatte sogar Genossenschaftsanteile. Die Burg-Apotheke ist aber seit 2010 geschlossen und die Noweda kommt nicht mehr.
Die Genossenschaft hatte vor Jahren entschieden, keine Apotheken zu beliefern, die an den Kooperationen DocMorris oder easyApotheke teilnehmen. Das Argument: Apotheken unter diesen „Soft-Franchise-Systemen“ seien von Vorgaben Dritter abhängig. Diese „strenge Unternehmensregelung“ wird von der Noweda weitgehend konsequent umgesetzt, wie eine easy-Apothekerin im Saarland unlängst erfahren musste. Andere Verbünde wie die Kaufland-Apotheken oder Farma-plus werden dagegen sehr wohl von Noweda beliefert.
Steinfurth fühlt sich diskriminiert – als Person und als Apothekeninhaber: „Ich besitze eine gültige Betriebserlaubnis, versehe Notdienste und versorge täglich rund 1000 Kunden mit Medikamenten.“ Der Rx-Anteil liege bei 70 Prozent. „Aber wir haben keinen Zweitlieferanten, und das geht zu Lasten der Kunden“, so der Apotheker.
Steinfurths Apotheken werden von Gehe beliefert. Doch seitdem der Großhändler Ende 2012 sein Lager in Düsseldorf geschlossen hat, muss sich Steinfurth von Duisburg aus beliefern lassen. Wegen der längeren Fahrtzeiten kann er dort aber nur noch bis kurz nach 16 Uhr Ware bestellen, die dann noch am selben Tag geliefert wird. „Genau in dieser Zeit haben wir aber viele Kunden, weil es sich bei Patienten und Ärzten herumgesprochen hat, dass wir lange Öffnungszeiten haben“, so Steinfurth. Die Kunden vom späten Nachmittag müssten dann auf den nächsten Tag vertröstet werden, wenn ein Arzneimittel nicht vorrätig sei.
Die Noweda mit einem Lager in Frechen könnte vermutlich schneller liefern, will aber nicht. Niederlassungsleiterin Jana Ehmer habe nach Rücksprache mit dem Vorstand abgesagt, berichtet Steinfurth. Auch die Sanacorp habe abgewinkt.
Deshalb erkundigt sich der Apotheker jetzt beim Bundeskartellamt: „Will ein – marktbeherrschender oder zumindest marktstarker – pharmazeutischer Großhandel nur ausgewählte Apotheken beliefern, kommt ein Verstoß gegen das wettbewerbsrechtliche Diskriminierungsverbot (§ 20 GWB, Art. 82 EG) in Betracht, aus dem ein Belieferungsanspruch der Apotheken resultieren kann?“ Er will von den Wettbewerbshütern auch wissen, inwieweit ein Belieferungszwang besteht und ob der Großhändler in diesem Fall die üblichen Rabatte aussetzen könne.
Sein Anliegen begründet Steinfurth so: „Um meinen Sicherstellungsauftrag der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln nachzukommen (§1, Satz 1 ApoG), bin ich auf eine umfassende und gegebenenfalls kurzfristige Belieferung (Notdienst, Samstage, Sonn- und Feiertage) durch pharmazeutische Großhändler angewiesen.“ Der Standort bedinge lange Fahrwege für den Hauptlieferanten und entsprechende Zeitverzögerungen. Mehrere andere Apotheken in direkter Nachbarschaft würden von der Noweda aus Frechen beliefert.
Steinfurth verweist auch auf die 15. AMG-Novelle, mit der den Großhändlern 2009 ein öffentlicher Sicherstellungsauftrag für die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln übertragen wurde. Der Apotheker will wissen, ob aus dieser Regelung eine Pflicht zur Belieferung resultiert.
Die Wettbewerbszentrale hat sich auf sein Schreiben schon zurückgemeldet. Hilfe kann Steinfurth aus Bad Homburg aber nicht erwarten: Von einer Unterlassungserklärung habe er in diesem Fall nichts, hieß es. Er bekam aber den Tipp, über einen Anwalt den Belieferungsanspruch geltend zu machen. Dazu müsste er notfalls vor Gericht beweisen, dass er auf die Belieferung angewiesen sei und von Noweda „unbillig behindert“ werde.
Vor Gericht ziehen will Steinfurth eigentlich nicht – solche Auseinandersetzungen mag er nach eigenem Bekunden nicht. Er hofft darauf, den Großhändler doch noch zu überzeugen. Von den Kollegen aus dem easy-Lager hat er jedenfalls schon viel Zuspruch erhalten. Aus der Systemzentrale heißt es, man würde es begrüßen, wenn easy-Apotheker die Möglichkeit hätten, auch bei der Noweda zu bestellen.
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