In der Frage der umstrittenen Bonpflicht für Kleineinkäufe haben die rheinland-pfälzischen Finanzämter bisher 180 Anträge auf Befreiung abgelehnt. Das teilte das Finanzministerium in Mainz auf Anfrage des CDU-Abgeordneten Martin Brandl mit. Bis zum Stichtag 15. Januar 2020 seien insgesamt 251 Anträge eingegangen, davon die meisten (83) vom Einzel- und Großhandel wie Apotheken und Bäckereien. Händler müssen seit Jahresbeginn auch beim Kauf von Brötchen, Bratwurst oder einer Kugel Eis einen Kassenbon ausgeben. Viele Unternehmen kritisieren dies als „sinnlose Zettelwirtschaft“.
Von den 251 Anträgen seien bereits 180 abschließend bearbeitet worden, teilte das Finanzministerium mit. In keinem Fall sei die Befreiung bewilligt worden. „Nach Auskunft der Finanzämter haben sich die abgelehnten Anträge vorrangig auf Aspekte des Umweltschutzes, der gesundheitlichen Belastung durch Thermopapier, das fehlende Interesse der Kunden am Beleg oder die Mehrkosten für Bonrollen gestützt“, hieß es. Die genannten Gründe reichten für sich allein nicht für eine Bewilligung von Erleichterungen aus. Die Entscheidung über die restlichen 71 Anträge steht dem Ministerium zufolge noch aus.
Brandl zeigte sich enttäuscht von der Ablehnung. „Viele vor allem kleinere Unternehmen haben darauf vertraut, dass es in angemessenen Fällen zu einer Ausnahme von der Kassenbonpflicht kommen kann“, sagte der Abgeordnete. Die Ablehnung sei „kein Zeichen für einen mittelstandsfreundlichen Umgang mit den Auslegungsmöglichkeiten der neuen Vorschriften“.
Apotheker Reinhard Rokitta hat im Namen der Freien Apothekerschaft eine Petition im Bundestag gegen die Bonpflicht eingebracht. DArin heißt es unbter anderem: „Durch die Belegausgabepflicht ist ein für den größten Teil des Einzelhandels teures und aufwändiges Bürokratiemonster geschaffen worden, das in keiner Weise geeignet ist, mehr Steuerehrlichkeit zu erzeugen.“ Im Podcast WIRKSTOFF.A spricht er über die Petition und warum eine Belegausgabepflicht in Apotheken besonders unsinnig ist.
Mehr Erfolg hatte eine Bäckerei in Dresden, die Ausnahmegenehmigung wurde erteilt. Die Firma Dresden Backhaus sei als einziger Betrieb in Sachsen von der seit Januar geltenden Bonpflicht befreit worden. Das habe das Finanzamt Dresden-Süd entschieden, teilte eine Sprecherin der sächsischen Bäckerinnung dem MDR Sachsen mit. Es hätten noch viele andere Bäckereibetriebe einen Befreiungsantrag beim Finanzamt eingereicht. Diese Anträge seien aber abgelehnt oder bislang noch gar nicht bearbeitet worden. Auch Geschäftsführerin Elisa Kreutzkamm-Aumüller kann sich die Ausnahmeregelung nicht erklären.
Die Leiterin der Bäckereikette hatte im Oktober in einem Newsletter von einer Ausnahmeregelung von der Bonpflicht gelesen. „Da stand drin, dass man die Ausnahmegenehmigung mit seinem Steuerberater besprechen muss“, so Kreutzkamm-Aumüller. Der Antrag für die Ausnahmegenehmigung sei „nur ungefähr zehn Zeilen lang“ gewesen. „Wir haben angegeben, wie viele Fachgeschäfte wir haben, unseren durchschnittlichen Jahresumsatz und wie viele Kunden kommen.“ Die Ausnahmegenehmigung selbst sei auch ungefähr zehn Zeilen lang. Eine Begründung für die Erteilung gab es nicht. „Ich würde sagen, wir haben Glück gehabt“, so die Geschäftsführerin. Allerdings könne die Ausnahmegenehmigung auch jederzeit widerrufen werden.
Kreutzkamm-Aumüller mutmaßt laut MDR, dass die Umsätze für die Beurteilung ausschlaggebend gewesen sein könnten. Denn jeder Kunde kauft durchschnittlich für drei bis vier Euro ein. Laut „Kassensicherungsverordnung“ ist genau solche Laufkundschaft ein Grund für eine Befreiung von der Kassenbonpflicht. Deshalb strebe die Bäckerinnung eine Befreiung der ganzen Branche an und sehe dabei Handlungsbedarf beim Bundesfinanzministerium, so eine Sprecherin. Auch Obermeister Roland Ermer findet: „Die Bonpflicht ist Irrsinn“.
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