Bei Boehringer gibt es einen Wechsel an der Spitze: Christian Boehringer legt sein Amt als Vorsitzender des Gesellschafterausschusses zum 30. Juni nieder; sein Nachfolger wird Hubertus von Baumbach, der seinerseits den Posten als Chairman of the Board of Managing Directors abgibt.
Im Januar 2007 hatte Boehringer den Vorsitz im Gesellschafterausschuss übernommen, in dem sechs Vertreter der beiden Eigentümerfamilien vertreten sind. Mit von Baumbach war ein Jahr später erstmals wieder ein Familienmitglied in die Unternehmensleitung gekommen; er hatte zunächst den Bereich Finanzen verantwortet und 2015 die Leitung übernommen. Beide sind Urenkel des Unternehmensgründers Albert Boehringer.
Neuer Vorstandschef wird Shashank Deshpande, der seit 2012 für Boehringer arbeitet und derzeit den Geschäftsbereiche Humanpharma betreut. Zuvor hatte er in den USA für Sanofi gearbeitet.
„Ich blicke mit großer Zufriedenheit auf die vergangenen 18 Jahre zurück, in denen ich mit drei Chairmen of the Board of Managing Directors zusammengearbeitet habe und Boehringer zu dem globalen Pharmaunternehmen herangewachsen ist, das es heute ist“, so Boehringer. „Nun übergebe ich das Amt des Vorsitzenden an meinen Cousin Hubertus und freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit ihm im Gesellschafterausschuss.“
Von Baumbach dankte ihm für seinen Einsatz: „Während seiner Amtszeit hat sich das Unternehmen grundlegend verändert. Gleichzeitig bin ich sehr dankbar für das Vertrauen, das mir für meine neue Rolle entgegengebracht wird. Ich wünsche Shashank Deshpande viel Erfolg. Mit seiner langjährigen Branchenerfahrung in den USA, Japan und Deutschland wird er Boehringer in die nächste Wachstumsphase bis 2035 führen. In den vielen Jahren, in denen ich mit Shashank zusammengearbeitet habe, habe ich seine Führungsstärke, seine Werte und sein Engagement für die Patienten gesehen und schätzen gelernt."
„Ich bin dankbar, dass die Gesellschafter mir die Rolle des Chairman of the Board of Managing Directors anvertrauen“, so Deshpande. „Ich möchte Hubertus von Baumbachs Führung des Unternehmens in den letzten neun Jahren meine Anerkennung aussprechen. Er hat ein großartiges Team aufgebaut, und es ist eine wahre Freude, ein Teil davon zu sein. Wir sind voll und ganz darauf konzentriert, unsere starke Pipeline schnellstmöglich auf den Markt zu bringen. Ich bin hoch motiviert, die Organisation zu diesem Erfolg zu führen zum besten Wohle der Patienten und Tiere.“
Die Geschichte von Boehringer reicht bis ins Jahr 1885 zurück. Damals kaufte Albert Boehringer eine kleine Fabrik im rheinhessischen Nieder-Ingelheim, die Weinsäure für Apotheken und Färbereien herstellte. Die Nachfrage stieg rasant, als Brauselimonade und Backpulver populär wurden. 1893 entdeckte Boehringer, dass Milchsäure mit Hilfe von Bakterien in großen Mengen hergestellt werden kann – das Unternehmen wurde führender Lieferant für die Textil- und Lebensmittelindustrie.
Nach dem Tod von Boehringer im Jahr 1939 – das Unternehmen hatte mittlerweile 1500 Mitarbeiter – übernahmen seine beiden Söhne Albert jr. und Ernst Boehringer sowie sein Schwiegersohn Julius Liebrecht die Führung des Unternehmens.
Als der zweite Weltkrieg vorbei war, expandierte Boehringer ins Ausland. Parallel kamen zahlreiche innovative Präparate auf den Markt, darunter die Atemwegsmittel Alupent (1961), Bisolvon (1963), Berotec (1972), Atrovent (1975) und Berodual (1980). 1966 kam der Blutdrucksenker Catapresan auf den Markt, 1979 folgten das Antiarrhythmikum Mexitil und der Schleimlöser Mucosolvan. Actilyse war 1987 das erste eigene Präparat aus der biopharmazeutischen Herstellung, die ein Jahr zuvor eröffnet wurde.
Nach dem Tod von Liebrecht im Jahr 1991 zog sich die Inhaberfamilie aus der Geschäftsleitung zurück. Stattdessen wurde der Gesellschafterausschuss eingeführt, der von 1992 bis Ende 2000 zunächst von Erich von Baumbach, Schwiegersohn von Albert Boehringer, geführt wurde.