Die Hälfte der Deutschen sieht digitale Angebote als unverzichtbar für die zukünftige Gesundheitsversorgung an. Zwei Drittel wollen künftig E-Rezept und elektronische Patientenakte nutzen. Zu diesem Ergebnis ist eine Befragung des Digitalverbandes Bitkom gelangt. Eine wirtschaftliche Gefahr für die Apotheken vor Ort sieht Verbandspräsident Achim Berg darin nicht – Erfahrungen in den USA hätten ihm gezeigt, dass Präsenzapotheken vom E-Rezept profitieren können.
„Wir haben uns mal wieder gefragt, wie die Mehrheit der Deutschen über E-Rezept und ePatientenakte denkt“, so Berg. Deshalb hat der Verband eine repräsentative Befragung von 1000 Deutschen ab 16 Jahren in Auftrag gegeben. Demnach nutzen rund zwei Drittel aller Smartphone-Besitzer bereits heute Gesundheitsapps, insbesondere Info-, Tracking- und Workout-Apps. Und die Nachfrage nach noch mehr digitalen Angeboten scheint vorhanden: 65 und 63 Prozent der Befragten gaben an, dass sie eine elektronische Patientenakte und ein elektronisches Rezept nutzen wollen. Nur 17 Prozent lehnen es ab, ein elektronisches Rezept zu nutzen. Wenig überraschend ist Datenschutz und -sicherheit die mit Abstand wichtigste Sorge. 71 Prozent befürchten da Risiken. Immerhin 10 Prozent gehen davon aus, dass ein E-Rezept überhaupt keine Nachteile hat. „Das E-Rezept scheint sehr viele Vorteile zu haben“, schlussfolgert Berg.
Hoffnungen werden auch mit den Funktionalitäten der elektronischen Patientenakte verbunden. Mit 98 Prozent wünscht sich beinahe jeder Befragte, dass sie einen Impfpass enthält. Auch Diagnosen und Medikationsplan mit Wechselwirkungscheck sind mit je 91 Prozent beinahe universell erwünscht. Vor einem Versicherungsmanager auf dem vorletzten Platz landete hingegen eine mögliche Bestellfunktion für Arzneimittel. Nur 45 Prozent der Befragten wünschen sich das – trotzdem immerhin fast die Hälfte.
Vom E-Rezept erhofft sich der Befragung zufolge mit 46 Prozent weniger als die Hälfte der Deutschen, dass sie ihre Medikamente schneller erhält. Wichtiger ist die Hoffnung, dass es automatische Wechselwirkungschecks ermöglicht (51 Prozent) und dass es im Gegensatz zum Papierrezept nicht mehr verloren gehen kann (58 Prozent). Am wichtigsten jedoch: 61 Prozent hoffen, dass die Einlösung dadurch einfacher wird.
Berg sieht darin einen Vorteil für die Versorgungssicherheit: „Vor allem in ländlichen Gebieten könnten Medikamente dank des E-Rezepts sehr viel einfacher online bestellt werden,“ so Berg. Also E-Rezept automatisch zum Online-Versender? Ganz so klar sei der Fall dann doch nicht, erklärt er. „Ich habe einige Jahre in den USA gelebt und die Möglichkeiten des E-Rezepts dort gesehen“, so der ehemalige Microsoft-Manager. „Das muss man in der Praxis erleben.“
Er sei von den Vorteilen des E-Rezepts dort „sehr verwöhnt“ gewesen, so Berg. Beim Arztbesuch habe er das Rezept nicht ausgehändigt bekommen, sondern „eine Art Marke erhalten“ und dann einfach angeben können, an welche Apotheke die Verordnung geschickt werden soll. Kurz darauf habe er nur dort anhalten müssen: „Wenn ich dann dort vorbeigefahren bin, stand alles schon fertig abgepackt bereit. Das war 2010 bis 2013 und damals in den USA schon ein völlig normaler Vorgang.“
Doch welche Schlüsse können deutsche Apotheken daraus ziehen? „Wir sehen da für die Apotheken vor Ort viele Möglichkeiten, sich durch ihre pharmazeutische Expertise und zusätzliche Angebote zu behaupten“, erklärt eine Verbandssprecherin, ohne genauer auf diese Möglichkeiten – insbesondere gegenüber Online-Versendern – einzugehen. „Auch für die Apotheken vor Ort ergeben sich da viele Chancen durch die Digitalisierung.“ Keine der beiden Varianten, vor Ort oder Versand, solle bevorzugt werden. „Die Wahlfreiheit des Patienten muss da erhalten bleiben.“
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