Patentfreigabe

Biontech/Curevac warnen vor Chaos

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Berlin -

Der Vorschlag der US-Regierung, die Patente für Impfstoffe gegen Corona vorerst freizugeben, wies der Mainzer Impfstoffhersteller Biontech zurück. „Der Herstellungsprozess von mRNA ist ein komplexer Prozess, der über mehr als ein Jahrzehnt entwickelt wurde“, teilte das Unternehmen mit. Auch Curevac wehrt sich.

Es brauche erfahrenes Personal und Rohmaterialien, die beschafft und für die Verwendung qualifiziert werden müssten. Wenn eine dieser Anforderungen nicht erfüllt sei, könnten Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffs weder vom Hersteller noch vom Entwickler gewährleistet werden. „Dies könnte die Gesundheit der Geimpften gefährden.“

Zudem bestehe die Gefahr, dass einige der begrenzten und wichtigen Rohstoffe nicht effizient genutzt würden, wodurch die Menge der Impfstoffdosen, die in „etablierten Produktionsnetzwerken“ hergestellt würden, reduziert werde, argumentierte Biontech. Patente seien nicht der begrenzende Faktor für die Produktion und Versorgung mit Impfstoff. „Sie würden kurz- und mittelfristig die weltweite Produktion und Versorgung mit Impfstoffdosen nicht erhöhen.“

Auch der Tübinger Konkurrent Curevac hat sich kritisch zu dem Vorstoß geäußert: Man unterstütze Maßnahmen, um in der derzeitigen Coronavirus-Pandemie den globalen Zugang zu Impfstoffen zu erleichtern, teilte ein Sprecher am Donnerstag auf Anfrage mit. „Allerdings sehen wir Patente nicht als das entscheidende Kriterium in der Bereitstellung größtmöglicher Impfstoffmengen und antizipieren daher auch keine Auswirkungen auf Curevac.“ Vielmehr sehe man den generellen Druck auf die Lieferketten als die größte Herausforderung. Dieser ergebe sich aus dem hohen Bedarf an Ausgangsmaterialien und Geräten zur selben Zeit und in hohen Mengen.

Der Sprecher fügte hinzu, im Kontext der Pandemie seien von keiner Impfstofffirma Patente eingefordert worden. Man sehe die
internationale Zusammenarbeit als Schlüssel im Kampf gegen Covid-19.

Auch der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) übt Kritik: „Zur Überwindung der Pandemie bringen Patentfreigaben gar nichts.“ Niemand könne in weniger als sechs Monaten eine Produktion hochziehen. „Und im nächsten Jahr werden die jetzigen Hersteller schon nach heutigem Planungsstand mehr Impfstoff-Dosen produzieren, als die Weltbevölkerung benötigt“, sagte Verbandspräsident Han Steutel.

Die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai hatte am Mittwoch Unterstützung für die Aussetzung von Impfstoffpatenten signalisiert, die viele Länder seit langem fordern. Hersteller in aller Welt könnten dann die Impfstoffe produzieren, ohne Lizenzgebühren an die Unternehmen zu zahlen, die die Mittel entwickelt haben. Die USA stünden hinter dem Schutz geistigen Eigentums, die Pandemie sei aber eine globale Krise, die außerordentliche Schritte erfordere, erklärte Tai. Das Ziel sei, „so viele sichere und wirksame Impfungen so schnell wie möglich zu so vielen Menschen wie möglich zu bringen“. In Genf streiten Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) seit Wochen über das Thema. Am Donnerstag standen weitere Beratungen an.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sagte: „Die Europäische Union ist bereit, jeden Vorschlag zu diskutieren, der diese Krise wirksam und pragmatisch angeht.“ Man müsse sehen, wie der US-Vorschlag diesem Ziel dienen könne. „Kurzfristig rufen wir jedoch alle Länder mit Impfstoffproduktion auf, Exporte zu erlauben und alles zu vermeiden, was Lieferketten stören könnte“, gab sie die Kritik an die USA zurück, die insbesondere dem Hersteller Curevac derzeit Steine in den Weg legen.

Von der Leyen betonte in ihrer online übertragenen Rede für eine Konferenz in Italien: „Um es klar zu sagen, Europa ist die einzige
demokratische Region der Welt, die Exporte im großen Maßstab erlaubt.“ Bisher seien mehr als 200 Millionen Dosen Corona-Impfstoff in den Rest der Welt geliefert worden. Das sei fast so viel, wie hier in der EU verabreicht worden sei. Die EU sei die Apotheke der Welt.

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