Cannabis-Medikamente

Bionorica scheitert mit Klage APOTHEKE ADHOC, 13.03.2018 15:20 Uhr

Kein Cannabis-Generikum: Bionorica-Chef Professor Dr. Michael Popp ist mit seiner Klage gegen das BfArM gescheitert. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Auf absehbare Zeit wird es kein Cannabis-haltiges Fertigarzneimittel von Bionorica geben. Der Hersteller aus dem bayerischen Neumarkt hatte gegen das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geklagt, das einen entsprechenden Zulassungsantrag nicht akzeptieren wollte. Doch das Verwaltungsgericht Köln (VG) hat die Klage abgewiesen.

Bionorica hatte versucht, für sein Fertigarzneimittel Kachexol mit dem Wirkstoff Dronabinol, dem psychoaktiv wirksamen Isomer von Tetrahydrocannabinol (THC), eine Zulassung als Generikum zu bekommen. Entsprechend hatte das Unternehmen sich auf die Zulassung des Konkurrenzprodukts Marinol bezogen und eine Bioäquivalenzstudie eingereicht. Der US-Konzern Abbvie besitzt in der EU derzeit allerdings keine Zulassung.

Das BfArM akzeptierte die Bioäquivalenzstudie nicht und forderte einen vollständigen Zulassungsantrag. Bionorica-Chef Professor Dr. Michael Popp konnte diese Entscheidung nicht nachvollziehen und klagte vor Gericht. Marinol sei bereits einmal in der EU zugelassen gewesen, daher sei das Versagen einer generischen Zulassung „unlogisch“, sagte der Firmenchef schon vor drei Jahren. Nichtsdestotrotz werde man die geforderten Studien durchführen, ergänzte damals ein Firmensprecher. Trotz des Verfahrens werde man diese Daten generieren und dafür einen zweistelligen Millionenbetrag investieren.

Popp hält seit 2002 an Cannabisprodukten fest; über viele Jahre fuhr er damit hohe Verluste ein. 2014 übernahm er den insolventen Mitbewerber THC Pharma aus Frankfurt. Aus Hessen stammen seitdem die synthetischen Produkte, die natürlichen kommen jedoch aus Neumarkt. Bionorica ist der führende Anbieter der natürlich und synthetisch hergestellten Rezeptursubstanzen – und distanziert sich vom Einsatz der Blüten. Rauchen oder Inhalieren kämen aus pharmakologischen Gründen nicht in Frage.

Popp hat sich ein kleines Hanfmonopol aufgebaut. Konkurrenz ist keine in Sicht – einzig der Vertrieb der Blüten. Popp hofft, dass die Ärzte zu den standardisierten Präparaten greifen und Bionorica etwa die Hälfte der Patienten versorgen kann. Möglich sei eine Entwicklung wie in Kanada; hier verzeichnete man anfangs einen Hype der Blüten, dieser flaute jedoch ab und es wurde auf standardisierte Extrakte zurückgegriffen.

Kachexol sollte ein neuer Umsatzbringer werden. Bionorica wollte sein Medikament als Begleittherapie bei AIDS, Krebs und Multiple Sklerose (MS) vermarkten. Bislang besitzt das Almirall-Präparat Sativex (THC und Cannabidiol) als einziges Cannabis-Produkt in Deutschland eine Zulassung. Das Mittel wird zur Symptomverbesserung bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Spastik aufgrund MS eingesetzt. Der G-BA hatte im Rahmen der frühen Nutzenbewertung einen Hinweis auf einen Zusatznutzen gesehen.

Seit einem Jahr ist Cannabis zu medizinischen Zwecken freigegeben. Verordnungs- und erstattungsfähig sind Dronabinol, der Extrakt und die Blüten. Laut ABDA wurden im vergangenen Jahr 44.000 Einheiten Blüten zulasten der Krankenkassen abgegeben. „Die Tendenz war von Quartal zu Quartal steigend, sowohl bei Rezepten als auch bei den Abgabeeinheiten“, erklärte Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK). „Cannabis-Rezepturen sind also zumindest teilweise im Versorgungsalltag angekommen“, so Kiefer.