Impfstoffe

Big Deal: Pfizer steigt bei Valneva ein Patrick Pehl, 20.06.2022 12:42 Uhr

Ein Mitarbeiter arbeitet an der Proteinproduktion für Impfstoffe.
Ein Valneva-Mitarbeiter arbeitet an einer technischen Apparatur zur Produktion von Proteinen für Impfstoffe. Foto: Valneva / Press Kit
Saint-Herblain / New York City - 

Woche der Entscheidung bei Valneva: Während beim Corona-Impfstoff der Showdown ansteht, vermeldet der österreichisch-französische Hersteller den Einstieg des US-Konzerns Pfizer.

Pfizer wird rund 90 Millionen Euro bei Valneva investieren und dafür mehr als 8 Prozent der Anteile übernehmen. Die Erlöse aus der Kapitalerhöhung will Valneva zur Finanzierung seines Lyme-Borreliose-Impfstoffs verwenden. Pfizer und Valneva kooperieren diesbezüglich bereits seit 2020; eine Phase-III-Studie zum Impfstoffkandidaten VLA15 wird noch in diesem Quartal beginnen.

Auch wenn Pfizer bei einem Preis von 9 Euro je Aktie auf niedrigem Niveau einsteigen kann, kommt der Deal für Valneva genau zur richtigen Zeit. Denn im Zusammenhang mit seinem Corona-Impfstoff ist Valneva mit massiven Schwierigkeiten konfrontiert: Nachdem die Zulassung mittlerweile ein halbes Jahr auf sich warten lässt, hat die EU-Kommission angekündigt, den Vorvertrag über 60 Millionen Dosen zu kündigen. In dieser Woche will die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) entscheiden – noch kämpft der Hersteller darum, dass Brüssel die reservierten Dosen doch noch abnimmt.

Zuletzt hatte Valneva erklärt, dass die EU deutlich weniger Dosen abnehmen wolle. An Deutschland beispielsweise sollten nur noch eine Million Dosen statt der ursprünglich geplanten 12 Millionen Dosen gehen. Der Hersteller hatte daraufhin angekündigt, überhaupt nichts mehr nach die EU zu liefern, weil die Produktion und weitere Entwicklung zu teuer seien. Das würde das Aus für den einzigen Corona-Totimpfstoff bedeuten, faktisch gäbe es dann nur noch die beiden mRNA-Impfstoffe von Biontech und Moderna sowie den Proteinimpfstoff von Novavax.

Mehr in der Erforschung

Valneva hätte genügend Projekte in der Pipeline. Am weitesten fortgeschritten ist ein Vakzin gegen das Chikungunyavirus, das sich im finalen Zulassungverfahren in den USA befindet. Das ursprünglich in den Tropen durch Stechmücken übertragene Virus breitet sich zunehmen aus: Bis September 2020 wurden in Nord-, Mittel- und Südamerika mehr als drei Millionen Fälle gemeldet, die Krankheit ist auch in Europa zu finden.

Der Einstieg von Pfizer ist für CEO Thomas Lingelbach auch eine Bestätigung der eigenen Technologie: „Die Investition von Pfizer in Valneva unterstreicht die Qualität der Arbeit, die wir in den letzten zwei Jahren gemeinsam geleistet haben, und ist eine starke Anerkennung der Impfstoffkompetenz von Valneva.“ Für den Impfstoff gegen Borreliose gebe es einen großen Bedarf: „Wir freuen uns darauf, unseren VLA15-Kandidaten in Phase-III weiter zu untersuchen, was uns einen Schritt näher an den möglichen Schutz von Erwachsenen und Kindern vor dieser dramatischen Krankheit bringen wird.“

„Lyme-Borreliose stellt weiterhin eine schwere Belastung für die Länder in Nordamerika und Europa dar, mit schätzungsweise 600.000 Fällen pro Jahr in beiden Regionen", sagte Kathrin U. Jansen, Senior Vice President und Head of Vaccine Research & Development bei Pfizer. „Da sich Borreliose geografisch immer weiter ausbreitet, wird der medizinische Bedarf einer Impfung immer dringender. Wir freuen uns darauf, die Zusammenarbeit mit Valneva bei der Entwicklung von VLA15 fortzusetzen und das Programm gemeinsam voranzutreiben, mit dem Ziel, einen Impfstoff auf den Markt zu bringen, der dazu beitragen könnte, diese dramatische Krankheit zu verhindern.“

Valneva und Pfizer waren für den Impfstoff im Frühjahr 2020 eine Partnerschaft eingegangen. Das französische Unternehmen wird nun 40 Prozent der verbleibenden gemeinsamen Entwicklungskosten finanzieren, ursprünglich waren 30 Prozent vereinbart. Das Unternehmen soll außerdem gestaffelte Lizenzgebühren von 14 bis 22 Prozent von den Amerikanern erhalten. Weiter stehen Valneva erfolgsabhängige Meilensteinzahlungen in Höhe von bis zu 100 Millionen US-Dollar. Pfizer wird die Spätphase der Entwicklung leiten und die alleinige Kontrolle über die Vermarktung haben.