BGH soll Zuweisungsfall klären Alexander Müller, 22.05.2019 10:11 Uhr
Krankenkassen dürfen ihre Patienten nicht zu einer bestimmten Apotheke lotsen, das will die Regierung demnächst noch einmal klarstellen. Doch was ist mit der PKV? Der Bundesgerichtshof (BGH) muss sich mit einem Fall befassen, in dem die Central Krankenversicherung (Generali) zumindest indirekt Einfluss auf die Arzneimittelversorgung genommen hat. Allerdings geht es zunächst nur um eine Nichtzulassungsbeschwerde zur Revision.
Auslöser des Verfahrens ist ein Vertrag, den die Central mit der Versandapotheke Aposan (Eigelstein Apotheke in Köln) geschlossen hatte. Im Fokus waren Patienten mit einer Makuladegeneration, bei denen vom behandelnden Augenarzt die Indikation zur intravitrialen Injektionstherapie (IVOM) mit einem Angiogenesehemmer gestellt worden war. Diese wurden von der Versicherung angeschrieben und auf die Kooperation mit der Apotheke hingewiesen. Beigefügt war ein an den behandelnden Augenarzt persönlich adressiertes Schreiben nebst einer „Anforderung patientenbezogener Arzneimitteltherapie“, einem Bestellbogen.
Die Wettbewerbszentrale sah in dieser Zusammenarbeit einen Verstoß gegen das Abspracheverbot gemäß § 11 Abs. 1 Apothekengesetz (ApoG) sowie Verstöße gegen ähnlich lautende berufsrechtliche Bestimmungen. Das Landgericht Köln wies die Klage mit der Begründung ab, Arzneimittel mit zellwachstumsverzögernder Wirkung – daher auch IVOM-Rezepturarzneimittel – seien generell vom Zuweisungsverbot ausgenommen.
Im Berufungsverfahren wies auch das Oberlandesgericht Köln (OLG) die Wettbewerbszentrale ab – allerdings mit einer anderen Begründung: Eine unzulässige Absprache liege nicht vor. Denn die Krankenversicherung sei keine „andere Person, die sich mit der Behandlung von Krankheiten“ befasst. Der bedarf es aber aus Sicht des Gerichts für eine illegale Absprache. Die Versicherung übernehme nur die Behandlungskosten, habe aber keinen Einfluss darauf, welches Medikament der Arzt verordne oder nutze. Auch eine unzulässige Absprache zwischen Apotheker und Arzt sah das Gericht nicht. Es liege kein Vertrag zwischen beiden vor.
Revision zum BGH hat das OLG Köln nicht zugelassen, dagegen wendet sich die Wettbewerbszentrale mit einer Zulassungsbeschwerde. Wenn diese vom BGH positiv beschieden wird, wird der Fall in Karlsruhe verhandelt, ansonsten wird das OLG-Urteil rechtskräftig.
Aus Sicht der Wettbewerbszentrale nimmt die Central nämlich sehr wohl Einfluss auf die Arzneimittelversorgung ihrer Versicherten. Und dass eine Versicherung – wie vom OLG begründet – gar nicht vom Zuweisungsverbot erfasst sei, will man in Bad Homburg so nicht stehen lassen. Der BGH müsse klären, ob sich das Verbot so eng auslegen lässt oder ob nicht auch die PKV adressiert sei.
Denn dass eine Einflussnahme vorliegt, ist aus Sicht der Wettbewerbszentrale unstreitig. Ein Patient werde ein an seinen Arzt adressiertes Schreiben seiner Versicherung immer an diesen übergeben, um in Sachen Kostenerstattung auf der sicheren Seite zu sein. Der Versicherte sei der Bote der PKV, so das Argument, um die Empfehlung der Versandapotheke an den Arzt zu überbringen. Damit werde letztlich die Wahlfreiheit des Patienten verletzt.
Eine Empfehlung auszusprechen, ist laut Wettbewerbszentrale grundsätzlich nur zulässig, wenn der Patient explizit darum bittet. Mit dem zusätzlich übersandten Bestellformular werde zudem die Regel verletzt, dass der Arzt seinem Patienten das Rezept aushändigt. Hier sie es dagegen gerade Teil des Geschäftsmodells, dass der Arzt direkt bei Aposan bestellt. Allein das sei eine unzulässige Zuweisung. Insgesamt geht man bei der Wettbewerbszentrale davon aus, dass es eine Absprache zwischen der Versandapotheke und der Versicherung gegeben hat. Ob eine solche Partnerschaft zwischen Apotheke und PKV zulässig ist, sei eine Grundsatzfrage und vom BGH zu klären.