BGH lässt DocMorris abblitzen APOTHEKE ADHOC, 07.08.2020 20:17 Uhr
DocMorris ist mit seinem Abgabeautomaten beim Bundesgerichtshof (BGH) abgeblitzt. Die Karlsruher Richter wiesen die Nichtzulassungsbeschwerde der Versandapotheke ab. Damit sind die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Karslruhe (OLG) rechtskräftig und das Kapitel Hüffenhardt geschlossen.
DocMorris hatte versucht, eine Vorlage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu erwirken, und unter anderem auf das umstrittene Urteil zu den eigenen Rx-Boni verwiesen. Anders als in jenem Fall gehe es aber beim Automaten direkt – und nicht nur mittelbar – um Aspekte der Arzneimittelsicherheit und damit auch um „Leben und Gesundheit der Bevölkerung“, befand der BGH. Dies berechtige den Gesetzgeber zur Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit, heißt es im Beschluss.
Mit Recht habe das OLG angenommen, dass die nicht beachteten Vorschriften – insbesondere Apothekenpflicht sowie die Vorgaben des Versandhandels – der Arzneimittelsicherheit dienten und im Interesse des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt seien. Das Vertriebsmodell von DocMorris diene nicht im selben Maß der Arzneimittelsicherheit wie die nationalen, unmittelbar dem Gesundheitsschutz dienenden Vorschriften, teilt der BGH die Einschätzung des OLG: Das Modell des „antizipierten Transports“ und mit anschließender Zwischenlagerung ohne vorherige Kundenanforderung unterlaufe die angstrebte staatliche Überwachung. Es sei nämlich nicht sichergestellt, dass die Arzneimittel „aus einer vom Apotheker bis zur Absendung an den konkreten Patienten kontrollierten, eine arzneimittelsichere Lagerung gewährleistenden Sphäre stammten“.
Weder damit setze sich die Beschwerde auseinander, noch mit der vom OLG übergangenen Behauptung von DocMorris, das Modell genüge den Ansprüchen in gleicher Weise und schütze die Gesundheit ebenso wirksam. Eine Vorlage beim EuGH sei auch nicht deshalb erforderlich, weil es dort noch keine Entscheidung zu Arzneimittelautomaten gegeben habe: Vielmehr genüge es, dass eine gesicherte Rechtsprechung des EuGH bestehe, durch die die betreffende Rechtsfrage – auch wenn sie nicht identisch ist – entschieden werden könne.
So spiele es keine Rolle, ob Automaten ein weniger starker Eingriff seien als das Fremdbesitzverbot, zumal den Mitgliedstaaten beim Gesundheitsschutz ein Wertungsspielraum zukomme. Aus diesem Grund musste das OLG laut BGH auch nicht anhand „statistischer Daten“ prüfen, ob das Verbot von Automaten geeignet sei, die Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten.
Das OLG hatte entschieden, dass von einem Versandhandel nur auszugehen sei, wenn dieser auf Bestellung eines Endkunden hin erfolge. Ein „antizipiertes Verbringen“ unabhängig von einer individuellen Bestellung sowie die Einlagerung außerhalb von Apothekenräumen seien davon nicht gedeckt, sondern widersprächen vielmehr einem „Versand“, wie er in Wortlaut und Systematik des Gesetzes angelegt sei. Durch nichts seien die Vorgänge in Hüffenhardt als „unselbstständiger Teil eines Versands“ zu qualifizieren.
Damit verstoße DocMorris gegen das Verbringungsverbot und die Apothekenpflicht. Diese aber dienten der Arzneimittelsicherheit; das Modell in Hüffenhardt unterläuft nach Überzeugung der Richter die angestrebte staatliche Überwachung. Dasselbe gelte für die fehlende Vorlage des Originalrezepts zum Zeitpunkt der Abgabe und die Dokumentationspflichten, denen nicht rechtzeitig nachgekommen werden könne.
Die Vorschriften seien auch verfassungs- und unionsrechtskonform, da sie durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls getragen würden und nicht geeignet seien, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu behindern.