BGH bestätigt Extrakontrolle für Amazon Katharina Brand, 24.04.2024 12:50 Uhr
Das Bundeskartellamt darf bei Amazon genauer hinschauen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Einschätzung der Wettbewerbshüter bestätigt, dass der Internetgigant eine herausragende Bedeutung im Wettbewerb besitzt. Dies ist das erste Mal, dass über eine Beschwerde bezüglich § 19a Abs. 1 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) entschieden wurde.
Der 2021 in Kraft getretene § 19a GWB ermöglicht dem Bundeskartellamt, gegen große Digitalkonzerne wie Alphabet/Google, Amazon, Apple, Facebook/Meta und Microsoft wegen wettbewerbsgefährdender Praktiken vorzugehen. Es wurden bereits mehrere Verfahren eingeleitet und Verbesserungen erzielt.
Die Durchführung der Vorschrift ist zweischrittig: Zuerst überprüft das Bundeskartellamt die marktübergreifende Bedeutung eines Unternehmens für den Wettbewerb. Alphabet/Google, Meta/Facebook, Amazon und Apple wurden bereits als solche identifiziert, wobei die Entscheidung bei Apple noch beim BGH liegt und die Position von Microsoft aktuell geprüft wird.
Rückenwind für laufende Verfahren
Der BGH hat die Feststellung des Bundeskartellamts bezüglich Amazon bestätigt. Dazu erklärt Behördenpräsident Andreas Mundt: „Wir freuen uns über die Bestätigung durch den Bundesgerichtshof. Das war die erste und damit umso bedeutendere Entscheidung des BGH zu unserem neuen Instrument zur Aufsicht über große Digitalkonzerne. Das gibt uns Rückenwind für unsere laufenden Verfahren gegen Amazon, mit denen wir sicherstellen wollen, dass Händlerinnen und Händler auf dem Amazon Marktplatz fair behandelt werden. Und dieses Urteil gibt auch Rückenwind für unsere laufenden Verfahren gegen weitere Internetkonzerne wie Alphabet, Apple, Meta und Microsoft sowie mögliche neue Verfahren.“
Mit § 19a GWB gebe es „eine passgenaue Vorschrift im deutschen Wettbewerbsrecht, mit der wir auch gut gewappnet sind für künftige Entwicklungen, Strategien und Geschäftsmodelle der großen Internetkonzerne, wenn sie den Wettbewerb gefährden sollten“. In enger Kooperation mit der EU-Kommission und der dort verorteten Anwendung des Digital Market Acts könne man so „ganz entscheidend dazu beitragen, dass Märkte im Internet offen bleiben, kleinere Unternehmen Chancen haben und Kunden fair behandelt werden“.
Amazon kontert: „Wir stimmen der Entscheidung des Gerichts nicht zu und werden weitere Rechtsmittel prüfen“, so eine Sprecherin. „Der Einzelhandelsmarkt, online wie offline, ist sehr groß und ausgesprochen wettbewerbsintensiv. Damit Kund:innen und Unternehmen weiter auf unsere Innovationsfähigkeit vertrauen können und davon profitieren, werden wir weiterhin mit dem Bundeskartellamt kooperieren.“
Zum DMA
Der Digital Market Acts (DMA), der seit Mai 2023 gilt, erlaubt es der EU-Kommission, Firmen als sogenannte Gatekeeper beziehungsweise Torwächter zu klassifizieren und ihnen bestimmte Verhaltenspflichten aufzuerlegen.
Der DMA gilt ergänzend zum deutschen und europäischen Wettbewerbsrecht. Nationale Regelungen zur Aufsicht über Digitalkonzerne bleiben demnach anwendbar, insbesondere für Unternehmen, die nicht als Gatekeeper eingestuft sind oder denen zusätzliche Verpflichtungen auferlegt werden. Dies beinhaltet auch zukünftige Verhaltensweisen. Das Wettbewerbsrecht im Digitalbereich sowie die enge Kooperation zwischen dem Bundeskartellamt, der EU-Kommission und weiteren Behörden werden fortgesetzt.