Ausschreibung

BfArM sucht Cannabis-Großhändler Tobias Lau, 10.03.2020 15:11 Uhr

Berlin - 

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat nach dem Anbau nun auch den Vertrieb von medizinischem Cannabis ausgeschrieben. Das Verfahren dürfte schneller vonstatten gehen als die problembehaftete Ausschreibung für den Anbau: Nicht nur sind die Vorgaben dünner als bei der anderen Ausschreibung, die Kriterien laufen offensichtlich darauf hinaus, dass ein bereits etablierter Großhändler den Vertrieb übernehmen soll.

Auch wenn von allen Seiten kritisiert wird, dass die Menge nicht reichen wird, sind 7,2 Tonnen Cannabisblüten eine ansehnliche Menge: So viel sollen Aphria, Aurora und Demecan – die drei Unternehmen, die vom BfArM den Zuschlag zum Anbau von medizinischem Cannabis erhalten haben – in den kommenden vier Jahren liefern. Doch das BfArM hatte bisher nur den Anbau ausgeschrieben, nicht den Vertrieb. Den sollen die Unternehmen nicht selbst durchführen, sondern ein zentraler Großhändler, der das Cannabis von allen drei Herstellern abnimmt und im Namen der Cannabisagentur verkauft. Anders als vergangenes Jahr soll der Zuschlag dabei nicht an drei, sondern nur an ein Unternehmen gehen.

Bisher kam dazu vom BfArM allerdings nichts, manche in der Branche wurden deshalb bereits ungeduldig. Vergangene Woche hat die Behörde nun endlich die lang erwartete Ausschreibung veröffentlicht – und die lässt erkennen, wen sie gerne als Vertriebspartner für die Blüten hätte, die der ihr angegliederten Cannabisagentur gehören: offenbar einen bereits etablierten Großhändler.

Zumindest schließt die Ausschreibung mit ziemlicher Sicherheit aus, dass der Zuschlag an eines der vielen Start-ups geht, die in den letzten Jahren aus dem Boden geschossen sind und – teils recht unbedarft – neu ins Cannabisgeschäft einsteigen wollen: Neben den üblichen hohen Sicherheitsstandards verlangt das BfArM, dass das Unternehmen in den vergangenen zwölf Monaten mindestens 10.000 Packungen an Betäubungsmitteln an Apotheken ausgeliefert hat. Dazu braucht es natürlich auch die nötigen Anlagen: So müssen bis September ausreichende Lagerkapazitäten innerhalb Deutschlands nachgewiesen werden. „Die Lagerung des Vertragsprodukts muss separiert nach Typen und Herstellern und getrennt von anderen Betäubungsmitteln, bei nicht mehr als 25°C erfolgen“, heißt es in der Ausschreibung. Mindestens zehn Kubikmeter Cannabis müssen Platz finden und jederzeit mindestens die Menge gelagert werden, die den voraussichtlichen Zwei-Wochen-Bedarf abdeckt.

Noch entscheidender ist aber: „Die Lagerung muss unter Beachtung der Richtlinien über Maßnahmen zur Sicherung von Betäubungsmittelvorräten bei Erlaubnisinhabern nach § 3 BtMG stattfinden“, wie es in der Ausschreibung heißt. Dass ein Lager den Richtlinien des Betäubungsmittelgesetzes entspricht, zertifiziert die beim BfArM angesiedelte Bundesopiumstelle – und das dauert. Aus Branchenkreisen heißt es, ein Unternehmen, das bis jetzt kein zertifiziertes Lager hat, das den Ansprüchen der Ausschreibung genügt, kriege das bis September auch nicht mehr abgenommen.

Das sind aber alles bereits Voraussetzungen, als Zuschlagskriterium nennt das BfArM nur einen einzigen Faktor: den Preis. Voraussichtlich werden sich bedeutend weniger Unternehmen bewerben als die 78 Firmen, die den Zuschlag für den Anbau haben wollten, das Bewerbungsverfahren ist den einzureichenden Unterlagen zufolge auch weitaus weniger aufwendig als bei der Ausschreibung für den Anbau. Der wichtigste Arbeitsschritt dürfte für die Großhändler die Preiskalkulation sein, die Frage nämlich, ob sich die Bewerbung wirtschaftlich lohnt.

Diese Frage stellt sich allerdings auch für den Anbau, insbesondere wegen der enorm hohen Sicherheitsauflagen, die die Hersteller zu beachten haben. Hinzu kam, dass sich die erste Ernte um mindestens ein Jahr verschoben hat, weil sich die Ausschreibung aufgrund von Rechtsstreitigkeiten über fast zwei Jahre hinzog: Ende März 2018 hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf das Vergabeverfahren gestoppt und dem BfArM untersagt, einen Zuschlag zu erteilen. Der Grund: Das BfArM habe die Frist im Vergabeverfahren zu kurz bemessen. Vier Monate später folgte dann die Neuauflage mit erhöhter Menge. Doch auch bei der Bekanntgabe dieses Zuschlags Mitte April 2019 musste das BfArM einen Wermutstropfen schlucken: Wegen der Beschwerde eines unterlegenen Bieters konnten nur 9 der 13 Lose vergeben werden. Erst als der Bewerber seinen Nachprüfantrag zurückgezogen hatte, konnten die restlichen vier Lose im Mai 2019 vergeben werden. Die erste Ernte soll nun Ende 2020 eingefahren werden.