Unternehmen können Liefertermin nicht halten

BfArM-Cannabis: Dieses Jahr keine Ernte

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Berlin -

Der Anbau von medizinischem Cannabis im Auftrag des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) steht vor der nächsten Panne: Die drei Produzenten Aphria, Aurora und Demecan werden – anders als bisher geplant und angekündigt – im Jahr 2020 noch keine Ernte einfahren können. Die Schuld sehen die Hersteller nicht in eigenen Versäumnissen, sondern der Covid-19-Pandemie. Die habe nämlich zu Verzögerungen bei notwendigen Zertifizierungen geführt.

Zu wenig und zu spät: Der Anbau von medizinischem Cannabis in Deutschland ist bisher keine reine Erfolgsgeschichte. Nachdem Fehler in der ersten Ausschreibung des BfArM den Anbau bereits um ein Jahr verzögert haben, strapaziert nun die Covid-19-Pandemie die Geduld von Patienten und Unternehmen. Denn durch die Ausnahmesituation der vergangenen Monate sind auch die Behörden in Verzug geraten: Notwendige GMP- und BtM-Zertifizierungen konnten nicht fristgerecht ausgestellt werden. Bereits im August hatte die Bundesregierung in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der FDP-Fraktion durchblicken lassen, dass der Zeitplan nicht zu halten sein könnte. „Nach gegenwärtiger Einschätzung kann nicht ausgeschlossen werden, dass die in vielen Wirtschaftsbereichen anhaltenden Folgen der Covid-19-Pandemie einen zeitverzögernden Einfluss auf den Beginn der Lieferungen in 2020 haben könnten“, hieß es damals.

Nun haben auch die drei Hersteller eingeräumt, dass es dieses Jahr nichts mehr wird. So bereite Aurora derzeit die Inbetriebnahme der Produktionsanlage in Leuna vor. „Wir freuen uns darauf, die Produktion zu beginnen, sobald alle notwendigen Schritte zur Produktionsvorbereitung und zu behördlichen Genehmigungen unternommen wurden – einige dieser Schritte dauern durch die anhaltende Pandemie verursachten Einschränkungen länger als ursprünglich erwartet und geplant“, erklärt Deutschlandgeschäftsführer Philip Schetter auf Anfrage. „Aurora diskutiert regelmäßig den Projektfortschritt mit der Cannabisagentur und stimmt das weitere Vorgehen und etwaige Verzögerungen im Zeitplan ab. Die erste Lieferung wird sich vermutlich in das nächste Jahr verschieben.“

Ähnlich sieht es bei Demecan aus. Das Berliner Start-up, das anders als Aurora und Aphria keinen kanadischen Konzern im Rücken hat, sondern selbst Investorengelder einsammeln muss, will ganz in der Nähe von Leuna produzieren. In der Gemeinde Ebersbach, unweit von Dresden, haben die Berliner vom insolvent gegangenen Cannabis-Konzern Wayland eine Anlage in einem ehemaligen Schlachthof erworben, in der sie ihr Cannabis künftig anbauen wollen. Doch auch das wird noch dauern. Demecan müsse seine Produktion den neuen Bedingungen anpassen, weshalb es nicht möglich sein werde, die erste Ernte in diesem Jahr einzufahren, heißt es vom Unternehmen. „Unser Ziel ist es, zeitnah mit dem Anbau der Pflanzen zu beginnen, um so schnell wie möglich im neuen Jahr eine Lieferung an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu gewährleisten“, so Geschäftsführer und Mitgründer Dr. Constantin von der Groeben.

Auch Aphria bestätigt die Verzögerung und kann wie die beiden Mitbewerber noch keinen neuen Liefertermin bekanntgeben. Es sei jedoch geplant, noch im ersten Quartal 2021 zu liefern. Die Aphria-Anlage entsteht derzeit in der Nähe von Neumünster und soll eigentlich bis November fertig sein – auch hier stellt sich jedoch die Frage, ob die Behörden fristgerecht ihre Genehmigungen ausstellen können. Aphria plant, die ersten Setzlinge aus Kanada zu importieren.

Für den deutschen Cannabismarkt dürfte sich damit vorerst nicht viel ändern, die komplette Importabhängigkeit bleibt bestehen. Allerdings erscheint vor dem Hintergrund des Ausfalls der mutmaßlich bereits eingeplanten Menge an heimischem Cannabis nachvollziehbarer als bisher, warum das BfArM dieses Jahr Cannabisimporte in Rekordmenge nachbeantragen musste. 16,1 Tonnen Cannabis hatte die Behörde vergangenes Jahr beim „Internationalen Suchtstoff-Kontrollamt der Vereinten Nationen“ (International Narcotics Control Board, INCB) zum Import beantragt und musste dieses Jahr im Rahmen einer Nachschätzung während des jeweils laufenden Kalenderjahres den Import von fast 12,4 weiteren Tonnen beantragt – es werden also über 75 Prozent mehr benötigt, als vergangenes Jahr geschätzt wurde.

Zumindest für die zahlreichen kleineren Cannabis-Großhändler in Deutschland könnte die Verzögerung beim heimischen Anbau auch eine Verschnaufpause bedeuten. Denn zwar ist die geplante Menge von 2,6 Tonnen im Jahr aus heimischer Produktion nur ein Bruchteil des realen Bedarfs in Deutschland. Trotzdem ist aus Branchenkreisen zu vernehmen, dass viele mit einer leichten Abnahme der Cannabispreise rechnen, sobald auch aus deutscher Produktion geliefert wird. Das dürfte den kleineren Vertriebsunternehmen auf die ohnehin schon geringen Erträge drücken. Chance, von dem deutschen Cannabis etwas abzubekommen, haben sie indes nicht. Den Zuschlag in der Vertriebsausschreibung hat das BfArM nämlich an Cansativa vergeben.

 

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