Kommentar

Beratungshoheit verspielt

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Berlin -

Zu intensiv kann die medizinische und pharmazeutische Betreuung von Patienten eigentlich gar nicht sein. Das gilt erst recht für schwere Erkrankungen wie Parkinson. Es macht aber einen Unterschied, wer sich um die Patienten kümmert: Der Hersteller hat zwar für sein Arzneimittel mutmaßlich die größte Expertise, aber eben auch sehr einseitige Interessen. Den Apothekern kommt deshalb als unabhängige Berater eine Schutzschildfunktion zu. Ein aktuelles Urteil stellt dieses Prinzip infrage.

 

Für die Richter am Oberlandegericht München (OLG) reicht es nämlich beim Vertrieb des Parkinson-Präparats Apo-Go aus, dass eine Apotheke an der Auslieferung des Arzneimittels beteiligt ist. Dass sich der Hersteller des Präparats, die Firma Cephalon, sehr intensiv in die Betreuung der Patienten einmischt, ist aus Sicht des OLG dagegen unproblematisch. Man muss dem Hersteller in dieser Konstellation gar nichts Böses unterstellen, um die Sprengkraft der Einzelfallentscheidung zu erahnen.

Natürlich ist es aus Sicht der Apotheke verführerisch, sich quasi exklusiv am Vertrieb hochpreisiger Präparate zu beteiligen. Aber die Apotheken sollten sich gut überlegen, ob sie sich in solche Konzepte einspannen lassen. Denn damit ebnen sie den Weg zu Selektivvertägen der Pharmaindustrie und treten gleichzeitig ihr Beratungsmonopol an die Hersteller ab.

Das ist nicht nur berufspolitisch leichtsinnig, es ist streng genommen auch ein Verrat am Patienten. Immerhin sucht die Industrie schon lange nach Versorgungsverträgen, die sie möglichst nah an das Krankenbett heranbringen. Die Apotheken sollten ihnen dabei nicht auch noch helfen.

 

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