Apotheker Dr. Thomas Göbel aus Mechernich hat seinen Großhändler bei der Bezirksregierung Köln gemeldet. Denn Alliance Healthcare Deutschland (AHD) hatte eine Lieferung an ihn einfach gestrichen – weil er zu viel bestellt hatte. Göbel ist nicht nur als Geschäftspartner entsetzt von diesem Verhalten, aus seiner Sicht verstößt Alliance damit auch gegen den eigenen Versorgungsauftrag.
Göbel ist eigentlich Noweda-Kunde und hat AHD erst vor zwei Monaten als Defektlieferanten dazugeholt: Mindestumsatz 10.000 Euro, keine nennenswerte Kondition, Lieferung einmal täglich. Laut Göbel hatte sich der Großhändler den Beginn des Folgemonates als Zahlungsziel selbst erbeten. „Mir wäre jede Variante gleich recht gewesen“, so der Apotheker. Den Zweitlieferanten habe er nur zur „Optimierung der Versorgungssicherheit“ beauftragt.
Doch genau diesen Auftrag hat AHD nach Darstellung des Apothekers nicht erfüllt. Es gibt nur seine Sicht der Dinge, der Großhändler hat auf mehrere Nachfragen überhaupt nicht reagiert. Am vergangenen Dienstag, 1. Dezember, hat die Kolping-Apotheke in Mechernich um 12.23 Uhr seriell mehrere Arzneimittel bei AHD bestellt. Die Bestellung wurde laut Göbel wie üblich bestätigt, es gab auch keinerlei Besonderheiten oder Fehlermeldungen. Eigentlich sollte AHD gegen 15 Uhr an die Filialapotheke ausliefern.
Doch gegen halb zwei rief der AHD-Gebietsverkaufsleiter bei Göbel auf dem Handy an und teilte mit, das ab sofort keine Belieferung mehr erfolgen könnte. Auch die bereits bestätigte Bestellung werde schon nicht mehr ausgeliefert. Der Grund: Göbel habe im Vormonat „zu viel eingekauft“. Tatsächlich lag das Umsatzvolumen in den beiden Monaten nach seinen Angaben bei 12.000 und 18.000 Euro. Und aufgrund dieses Bestellverhaltens habe nach Auskunft des Außendienstlers das Debitorenmanagement in Frankfurt interveniert, berichtet Göbel.
Der Inhaber von insgesamt drei Apotheken in der Eifel verlangte den Niederlassungsleiter, der aber ebenfalls keine Freigabe der Lieferung genehmigen konnte. Um kurz vor drei meldete sich dann der Leiter Credit Management von AHD aus Frankfurt. Der bestätigte, dass der Vorgang vollumfänglich den internen Richtlinien entspreche, berichtet Göbel. Als Neukunde müsse er zunächst seine BWA übermitteln. Nach Prüfung werde dann über die Fortsetzung der Belieferung entschieden.
Göbel hätte sich gewünscht, dass man solche Fragen entweder vor Belieferungsbeginn oder ohne Unterbrechung der Patientenversorgung klärt. Für ihn ist der Vorfall ein „beispielloser persönlicher Affront gegen mich und meine Mitarbeiter“. Doch als der erste Ärger verflogen war, stellte sich Göbel die Frage, was dieses absolut ungewöhnliche Verhalten eigentlich für die Versorgungssicherheit bedeute. „Ein Großhändler, der sich so benimmt, dem fehlt die Zuverlässigkeit. Es geht immerhin um Arzneimittel, nicht um meine nächste Lieferung Druckerpapier“, so Göbel gegenüber APOTHEKE ADHOC. In diesem Fall seien es zum Glück nur Nachbestellungen gewesen, „aber wir hätten auch über eine geplante OP sprechen können“, gibt er zu Bedenken. „Wenn die bei Alliance intern so eine Organisationsstruktur haben, dann haben die nicht verstanden, dass die mit Arzneimitteln handeln.“
Deshalb hat er mit seiner Amtsapothekerin telefoniert und anschließend die Bezirksregierung angeschrieben: „Bitte überprüfen Sie den Sachverhalt als solches und die Zuverlässigkeit der Verantwortlichen der Alliance Healthcare. Ich stelle die persönliche und organisatorische Eignung der Verantwortlichen und der Alliance Healthcare Deutschland GmbH in Frage, soweit es den verantwortlichen Handel mit Arzneimitteln betrifft, wenn dieses beispiellose Verhalten tatsächlich internen Anweisungen entspricht“, heißt es in dem Schreiben.
Göbel fragt sich, ob Patienten und Apotheken künftig häufiger mit einer solchen unnötigen Gefährdung der Versorgungssicherheit rechnen müssten. Das sollte das Qualitätsmanagement von AHD eigentlich verhindern, findet der Apotheker. Die Entscheider auf dieser Unternehmensebene „mit ausreichend Prokura und gesundem Menschenverstand ausgestattet sein, um in eigener Verantwortung die Freigabe von kleinsten Lieferungen zu entscheiden, damit die Versorgung von Patienten oberste Priorität genießt“, so Göbel. Beides sei bei Alliance offenbar nicht der Fall.
Für den Apotheker ist das Ganze immer noch unbegreiflich. Natürlich müsse ein Großhändler hinsehen, wenn eine Apotheke ihr Bestellverhalten ändere. „Aber hier reden wir von 8000 Euro über dem vereinbarten Mindestbestellwert“, sagte er gegenüber APOTHEKE ADHOC. Bei ihm sei noch keine Großhandelsrechnung geplatzt, noch nie eine Lastschrift zurückgegangen. „Ich hätte auch Vorkasse gezahlt, sogar bar in der Apotheke. Man kann das vorher regeln, aber man kann nicht die Versorgungskette von Arzneimitteln unterbrechen aus kaufmännischen Gründen, weil irgendein Buchhalter erst eine wirtschaftliche Prüfung machen will.“ Die Geschäftsbeziehung zu AHD hat er sofort beendet und Sanacorp als Zweitlieferanten genommen.
APOTHEKE ADHOC Debatte