Der einst von Bayer auf dem Markt befindliche Wirkstoff Chloroquin ist ein wesentlicher Hoffnungsträger im Kampf gegen Covid-19. Nun könnte der Hersteller dem Wirkstoff eine neue Chance geben, nachdem der Vertrieb im vergangenen Jahr eingestellt wurde.
Mittlerweile ist Resochin nur noch in Pakistan auf dem Markt. Aufgrund der aktuellen Ergebnisse in Bezug auf Covid-19 wurde die Produktion des Medikamentes wieder hochgefahren. Die erste Anfrage sei bereits im Februar gekommen, erklärt der Standortleiter in einer Mitteilung von Bayer. Die Gesundheitsbehörde der chinesischen Provinz Guangdong hatte um Resochin-Tabletten gebeten, um zu testen, ob das Mittel bei der Corona-Behandlung eingesetzt werden könnte.
„Ein Export der in Pakistan hergestellten Tabletten in andere Länder ist derzeit nur mit einer entsprechenden Sondergenehmigung des importierenden Staates sowie der Regierungsstellen in Pakistan möglich“, erklärt Oliver Renner von Bayer. Die nötigen Unterlagen konnten kurzerhand zusammengestellt werden – Bayer stellte insgesamt 300.000 Tabletten Resochin kostenlos zur Verfügung. Von Kontaktaufnahme bis Auslieferung dauerte es vier Tage. Von den chinesischen Behörden ist Resochin bereits in den Katalog möglicherweise hilfreicher Mittel gegen Covid-19 aufgenommen worden.
Chloroquin gilt derzeit als Hoffnungsträger: „In einer sogenannten in vitro Studie an Zellkulturen konnten Forscher in China zeigen, dass durch Resochin die Vermehrung des Virus gehemmt wird“, erklärt Dr. Martin Springsklee, Leiter Medizin für Anti-Infektiva bei Bayer. Der Wirkmechanismus sei zwar nicht vollständig aufgeklärt, aber es werde angenommen, dass durch Resochin sowohl der pH-Wert in den Zellen erhöht als auch die Andockstellen des Virus verändert werden. Damit werde es dem Erreger erschwert, die Epithelzellen der Atemwege zu infizieren. Die Ergebnisse der klinischen Studien stehen jedoch auch hier noch aus. Christian Drosten, Chefvirologe der Charité, zweifelt jedoch am Studiendesign der bisherigen Untersuchungen und übt massive Kritik an den verwendeten Parametern.
Auch andere Regierungen seien mittlerweile an Bayer herangetreten: So sei man auch mit dem deutschen Bundesgesundheitsministerium im Gespräch, um Chloroquin nach Deutschland zu importieren. „Mit dem Bundesgesundheitsministerium wird auch diskutiert, Chloroquin in der klinischen Anwendung bei SARS-CoV-2 Patienten durch enge Zusammenarbeit mit der Charité in Berlin zu prüfen“, erklärt Renner. Gestern meldete der Konzern die US-Regierung mit einer Spende von drei Millionen Tabletten Resochin zu unterstützen.
Der Arzneistoff Chloroquin wurde über 60 Jahre lang von Bayer unter dem Namen Resochin vertrieben – im November letzten Jahres hat der Konzern den Vertrieb aller Resochin-Produkte eingestellt. Grund dafür war, dass die Herstellung des Arzneistoffes Chloroquinphosphat nicht mehr in der erforderlichen Qualität erfolgen kann. Die weltweite Suche nach einem alternativen Hersteller verlief laut Konzern erfolglos, sodass die Produktion zum Stoppen kam.
Chloroquin konnte sich bereits in einer chinesischen klinischen Studie als wirksam gegen SARS-CoV-2 profilieren, wie der Leiter des Instituts für Infektionskrankheiten in Marseille, Didier Raoult erklärte. Er stützt seine Aussagen auf eine Untersuchung von drei chinesischen Forschern, die in der Fachzeitschrift „BioScience Trends“ erste Ergebnisse der Studie veröffentlichten. An der klinischen Studie nahmen mehr als hundert Patienten teil. Laut Artikel sei die Behandlung mit Chloroquin „wirksamer“ als die Behandlung mit Placebo. Auch das Tübinger Institut für Tropenmedizin will den Wirkstoff Chloroquin im Kampf gegen Corona-Erkrankungen testen: Wie Institutsdirektor Peter Kremsner am Mittwoch mitteilte, soll in der kommenden Woche mit einer Studie an Menschen begonnen werden.
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