Verpackungswahnsinn

Bayer: Hier kommt ein Karton (viele)

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Berlin -

Die Verbuchung von Direktlieferungen kann mitunter einige Zeit in Anspruch nehmen. Bei einer größeren Bestellung ist das auch kein Problem und eingeplant, anders sieht es aktuell bei der Zustellung von Priorin (Bayer) aus. Hier schlägt der Wareneingang von 90 Packungen mit beinahe einer Stunde zu Buche. Ein Berliner Apotheker ist stinksauer – nicht nur über den Verpackungsmüll, sondern auch über die „Dummy-PZN“.

Bestellt wurde das 2+1-Aktionsangebot von Bayer. Wer zwei Packungen Priorin zu 120 Kapseln oder Liquid kauft, bekommt das Shampoo geschenkt. Die Ware wird in einem konfektionierten Tragekarton ausgeliefert. An sich kein Problem, wenn nicht jedes Aktionspaket noch einmal in einem Umkarton ausgeliefert würde. Wer also 90 Vorteilspackungen bestellt hat, bekommt auch 90 Pappkartons geliefert.

In Berlin staunte man nicht schlecht, als die 42 Kilogramm schwere Lieferung auf einer Palette ankam. 90 kleine gestapelte Kartons mit Folie umwickelt wollten ausgepackt werden, jeder einzeln. Nach 20 Minuten hatten zwei PKA noch immer nicht die gesamte Lieferung von der Pappe befreit. „Wir müssen jeden einzelnen Karton in die Hand nehmen, aufschneiden, auspacken und wieder zusammenfalten.“ Denn jeder Umkarton ist zugeklebt und fest versiegelt. „Dabei hätten 20 Aktionspakete in einen Umkarton gepasst“, erzählt eine PKA.

Thorsten Kujath, Vertriebsleiter bei Bayer, erklärt den Karton im Karton wie folgt: „Wir haben die Verkaufspackung aus Transportgründen nochmals verpackt, damit sie nicht beschädigt wird, keine Transportspuren durch das Hin- und Herrutschen im Karton abbekommt. Leider kommt das oft vor und gerade solche Konstellationen mit Griff leiden erheblich. Es tut mir leid, dass wir damit der Apotheke einen zusätzlichen Aufwand bescheren.“

„Die Lieferung ist nicht nur ein ökologischer Kollateralschaden, sondern kostet Zeit und Geld“, ärgert sich der betroffene Apotheker. Denn seine PKA brauchten ein Vielfaches der üblichen Zeit zum Verbuchen – und die Apotheke bleibt auf dem Verpackungsmüll sitzen. „Die Palette samt Folie hat der Lieferant auch nur mitgenommen, weil ich sie selbst abgepackt habe“, ärgert sich der Pharmazeut, der sonst auch noch das Holz hätte selbst entsorgen müssen.

Doch es kommt noch schlimmer, denn die Ware lässt sich nicht ohne Weiteres einscannen. „Die aufgedruckte PZN 14287258 ist nicht vergeben und das wird sie auch nicht“, schimpft der Apotheker. Da kann auch die Erklärung von Bayer in einem der Kartons nicht beruhigen: „Um Ihnen das Einbuchen der Priorin Vorteilspackung mit Priorin Gratis Shampoo in Ihre Systeme zu erleichtern, beachten Sie bitte folgenden Hinweis: Da die PZNs der Vorteilspackungen nicht in der Lauer Taxe veröffentlicht werden, bitten wir Sie folgende PZNs für Ihre Buchungen zu nutzen.“

Für die Vorteilspackung Priorin Liquid soll die PZN 11711661 verwendet werden; diese ist für die Standardpackung hinterlegt. Entsprechend müssen je Vorteilspack beim Wareneingang zwei Einzelpackungen ein- und beim Verkauf ausgebucht werden. Für die Vorteilspackung Priorin Kapseln soll entsprechend die PZN 04002065 für die Packung zu 120 Kapseln zweimal gescannt werden. Das bedeutet aber, dass die Mitarbeiter an der Kasse den Karton öffnen und die Einzelpackung zweimal abscannen müssen. Sonst sind Fehlbestände vorprogrammiert.

Um den Mitarbeitern im HV wenigstens diesen Aufwand zu ersparen, hat Bayer eine Lösung parat: Der Konzern liefert die Barcodes der Standardpackungen als Kopiervorlage mit: „Die unten vorbereiteten Barcodes können Sie für Ihre Kassensysteme nutzen.“ Die Barcodes könnten ausgeschnitten und anschließend auf die Packungen geklebt werden. Da scheint es einfacher, für die Vorteilspackung eine eigene PZN zu vergeben.

Bayer gibt zudem zu bedenken, dass das Priorin-Shampoo als „GRATIS-Ware der Vorteilspackung beigefügt“ ist. Daher sollte das Shampoo „nicht im System eingebucht werden“. Heißt wohl: Nicht einzeln verkauft werden. „Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und zufriedene Kunden mit Priorin“, verabschiedet sich Bayer von den Apotheken.

Es ist nicht das erste Mal, dass Bayer die Apotheken mit unnützer Verpackung vollmüllt. 2014 hatte der Konzern den Klassiker Aspirin neu aufgelegt und nicht nur die Galenik optimiert, sondern auch das Design geändert. Bei Packungsinhalt und -maßen setzte Bayer auf größere Einheiten. Die neue Großpackung blockiert seitdem 12,5x8x7,5cm in der Sichtwahl – ist mit diesem Format aber natürlich auch ein Blickfang in der Apotheke. Allerdings musste die eingeschweißt gelieferte Ware vorher ausgepackt werden, denn sonst war nicht viel mehr als eine reflektierende Folie zu sehen. Bei der Jumboeinheit musste dazu jedes einzelne Päckchen in die Hand genommen werden.

Welchen Verpackungswahnsinn haben Sie erlebt? Bleiben Sie auf der Pappe sitzen oder können Kartons noch über den Großhandel entsorgt werden? Diskutieren Sie mit und tauschen sich mit Kollegen im LABOR aus – der Apotheken-Community powered by Pohl-Boskamp.

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