Pharmakonzerne

Bayer: Gutes Geschäft, riskanter Vergleich

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Berlin -

Bayer hat 2019 den Umsatz deutlich um 18,5 Prozent auf 43,5 Milliarden Euro gesteigert und die Markterwartungen erfüllt. Der Konzern profitierte unter anderem von einem Wachstum der Pharmasparte und einer Erholung des OTC-Geschäfts. Allerdings geht der Vorstand etwas vorsichtiger ins neue Jahr: Der Umsatz des fortzuführenden Geschäfts soll vor Wechselkurseffekten im Jahresvergleich um 3 bis 4 Prozent auf etwa 44 bis 45 Milliarden Euro wachsen. Über allem schwebt aber der erwartete Glyphosat-Vergleich, der sogar eine Kapitalerhöhung erforderlich machen könnte.

Der Umsatz lag einen Tick über den Schätzungen, das operative Ergebnis auf dem Niveau der Erwartungen. Die deutlichen Zuwächse lagen aber auch an der Übernahme des US-Saatgutkonzerns Monsanto. Die Umsätze der einzelnen Sparten entwickelten sich wie folgt:

  • Crop Science: 20 Milliarden Euro, plus 39 Prozent
  • Pharmaceuticals: 18 Milliarden Euro, plus 7 Prozent
  • Consumer Health: 5,5 Milliarden Euro, unverändert

Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) wuchs um rund 28 Prozent auf 11,5 Milliarden Euro. Unter dem Strich blieben mit 4,09 Milliarden Euro auch dank des Verkaufs von Unternehmensteilen 141 Prozent mehr hängen als vor einem Jahr. Die Dividende soll dennoch unverändert bei 2,80 Euro je Aktie bleiben.

Im Pharmageschäft lieferten die großen Wachstumstreiber Rückenwind:

  • Xarelto: 4,1 Milliarden Euro, plus 14 Prozent
  • Eylea: 2,5 Milliarden Euro, plus 14 Prozent
  • Mirena/Kyleena/Jaydess: 1,2 Milliarden Euro, plus 7 Prozent

Im OTC-Bereich fehlten 530 Millionen Euro aufgrund verschiedener Verkäufe, die Bereiche entwickelten sich wie folgt:

  • Allergy & Cold: 1,2 Milliarden Euro, plus 9 Prozent
  • Nutritionals: 1,1 Milliarden Euro, plus 2 Prozent
  • Dermatology: 1,1 Milliarden Euro, plus 5 Prozent
  • Pain & Cardio: 818 Millionen Euro, minus 0,1 Prozent
  • Digestive Health: 721 Millionen Euro, plus 2,6 Prozent

Weil in wenigen Jahren der Patentschutz für wichtige Rx-Medikamente ausläuft, stärkt Bayer die Pharmasparte und sicherte sich so etwa vor rund einem Jahr die Rechte am Krebswirkstoff Larotrectinib. Und auch beim Prostatakrebsmittel Darolutamid, das unter dem Markennamen Nubeqa verkauft wird, gab es Fortschritte. Es ist bereits in den USA, in Brasilien und in Japan zugelassen und dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit auch bald in Europa auf den Markt kommen.

Darüber hinaus setzt Bayer verstärkt auf Stammzelltherapien zur Behandlung verschiedener Krankheiten. Sie übernahmen dazu das 2016 mit der Investmentgesellschaft Versant Ventures gegründete Gemeinschaftsunternehmen BlueRock Therapeutics.

Spannend wird auch, ob sich die Sparte Consumer Health weiter erholt hat. Hier hatte Bayer zuletzt die US-Sonnenschutzmarke Coppertone an Beiersdorf losgeschlagen und die schwächelnde US-Fußpflegemarke Dr. Scholl's an einen Finanzinvestor verkauft. Daneben trennte sich Bayer auch von seinem Anteil am Chemieparkbetreiber Currenta und vom Tiermedizingeschäft. Mit dem Geld kann der Konzern seinen Schuldenberg abtragen, der durch den Kauf des US-Saatgutkonzerns Monsanto stark gestiegen war. Aber auch gespart wird bei Bayer kräftig – allein in Deutschland werden Tausende Stellen gestrichen.

Im Fokus stehen derzeit somit weniger die Geschäftszahlen, sondern vor allem die weiteren Folgen der Monsanto-Übernahme. So
hatte sich Bayer mit dem über 60 Milliarden Dollar teuren Kauf 2018 große Rechtsrisiken wegen der angeblichen Krebsgefahr glyphosathaltiger Unkrautvernichter ins Haus geholt. Zuletzt mehrten sich die Anzeichen für einen milliardenschweren Vergleich. Der wichtige Termin in der Causa ist die Hauptversammlung Ende April. Sollte Konzernchef Werner Baumann das Thema bis dahin nicht vom Tisch haben, könnte sein Stuhl wackeln. Bereits 2019 hatten die Aktionäre dem Manager die Entlastung verweigert; ein einmaliger Vorgang für einen Dax-Konzern, der zunächst ohne direkte Folgen blieb.

Die wachsende Hoffnung auf einen groß angelegten Vergleich im Glyphosat-Streit treibt seit Monaten eine Erholung der Bayer-Aktien an, wenngleich der Kurs jüngst im Sog des schwachen Gesamtmarktes ein wenig abbröckelte. Mit aktuell rund 70 Euro kosten die Papiere gut 35 Prozent mehr als zum Mehrjahrestief von 52,02 Euro vergangenen Juni. Damals hatten Analysten argumentiert, dass Bayer auf solch einem Kursniveau langsam als Übernahmeziel interessant werden könnte.

Derzeit bringt Bayer es auf eine Marktkapitalisierung von rund 69 Milliarden Euro und damit auf Platz 7 im deutschen
Leitindex. Sollte Bayer die Glyphosat-Klagen mit einem milliardenschweren Vergleich aus der Welt schaffen, dürfte denn auch
erneut die Diskussion über die Werthaltigkeit des Monsanto-Kaufs aufkommen, glaubt Analyst Markus Mayer von der Baader Bank. Die Folgen könnten ein Austausch der Konzernführung oder sogar eine Aufspaltung in ein Pharma- und ein Agrarunternehmen sein.

Im Geschäftsbericht wird explizit auf die Risiken durch den Glyphosat-Rechtsstreit in den USA hingewiesen. Im Zuge der Verfahren könnten bei einer Verurteilung, aber auch durch außergerichtliche Vergleiche erhebliche finanzielle Nachteile entstehen. In diesem Zusammenhang könnte zusätzlicher Finanzbedarf entstehen, der eventuell auch durch eine Kapitalerhöhung oder einen Verkauf von Unternehmensteilen gedeckt werden müsste.

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