Hautpflege

Bakterien-Creme gegen Akne Marion Schneider, 26.02.2018 12:46 Uhr

Berlin - 

Das Mikrobiom ist ein heißes Thema in der Forschung. In so ziemlich allen Bereichen der menschlichen Gesundheit sollen die Mikroorganismen eine Rolle spielen und zur Heilung von Leiden eingesetzt werden. Das Start-up S-Biomedic aus Magdeburg erforscht den Einsatz des Mikrobioms bei Aknepatienten.

Mittels Biomarkern identifizieren die Forscher „gesunde“ und „ungesunde“ Bakterienstränge auf der Haut. Bei Menschen mit Akne, so die These, ist das Hautmikrobiom ungünstig zusammengesetzt. Die Forscher entfernen ungesunde Bakterien, fügen gesunde Bakterien hinzu und erstellen so ein neues Mikrobiom. Vorbild ist eine Therapie, die bei Darmerkrankungen Erfolge gezeigt hat. Dabei transplantierten Forscher Mikrobiom aus dem Darm gesunder Menschen in den Darm erkrankter Patienten. „Das hat fantastisch funktioniert“, sagt Veronika Oudova, Geschäftsführerin von S-Biomedic. „Wir haben uns gedacht, das wirkt bestimmt auch auf der Haut.“

Bisher hat das Unternehmen sein Produkt in zwei kleinen Studien getestet. Zunächst wurde das Mikrobiom in flüssiger Form an Menschen mit gesunder Haut getestet, dann als Gel an Aknepatienten. Jetzt entwickelt S-Biomedic den nächsten Prototyp. Das Endprodukt soll einfach anzuwenden sein und nicht gekühlt gelagert werden müssen. „Das ist schwierig, weil wir lebende Bakterien benutzen“, erklärt Oudova. Nächstes Jahr soll der Prototyp getestet werden und dann als Kosmetikum in Apotheken verkauft werden. Die Forscher hoffen, damit die Behandlungsdauer von mehreren Jahren auf einige Wochen reduzieren zu können.

S-Biomedic möchte seine Technologie an ein größeres Unternehmen auslizensieren. „Dann könnten wir das Produkt in drei bis vier Jahren weltweit auf den Markt bringen“, sagt Oudova. Kosmetikkonzerne sehen großes Potenzial im Mikrobiom. Johnson & Johnson (J&J) hat die Forschung von S-Biomedic bereits mit einer Investition unterstützt und das Start-up 2017 auf seinen Forschungscampus nach Belgien geholt. Der Konsumgüterkonzern fördert auch noch weitere Unternehmen, die zum Mikrobiom forschen.

Neben Oudova gehören Bernhard Pätzold und Marc Güell zu den Gründern von S-Biomedic. Die drei kannten sich bereits, bevor sie zusammenarbeiteten. Die Idee zur neuen Aknetherapie hatte Pätzold. Bereits als Doktorand forschte er dazu, wie Bakterien als lebende Pillen eingesetzt werden können. Heute leitet er die Forschung und Produktentwicklung bei S-Biomedic. Er holte Güell an Bord, der mittlerweile nicht mehr direkt an der Forschung beteiligt, sondern Mitglied des Aufsichtsrats ist. In Barcelona baut er ein Labor auf, dass sich mit den medizinischen Einsatzmöglichkeiten des Mikrobioms beschäftigt. Schließlich holten sie Oudova ins Team, um die Geschäfte zu leiten.

Seit 2015 forschte das Team an der Universitätsklinik Magdeburg. „Wir konnten das Know-how der Universität im Bereich Akne mit unserem Know-how zum Mikrobiom kombinieren“, erzählt Oudova. Das Land Sachsen-Anhalt unterstützte ihre Forschung mit 225.000 Euro aus einem Start-up-Fonds. Trotz des Umzugs der Firma nach Belgien arbeitet einer ihrer Wissenschaftler weiter in einem Labor in Magdeburg.

Weltweit arbeiten Unternehmen daran, lebende Bakterien für die Hautpflege zu nutzen. AOBiome aus den USA hat seine biomfreundliche Hautpflegeserie Mother Dirt gerade in Europa eingeführt. In der klinischen Pipeline befinden sich sechs Produktkandidaten, unter anderem ein Aknemittel in Phase II. Das französische Unternehmen Galinée, das seine Produkte hauptsächlich auf dem englischen Markt verkauft, nutzt eine Kombination aus Präbiotika, Probiotika und Milchsäure. Esse aus Südafrika vertreibt probiotische Hautpflegeprodukte. Forscher der Christian-Albrechts-Universität fanden heraus, dass Patienten mit Neurodermitis im Vergleich zu gesunden Menschen ein deutlich verändertes und weniger vielfältiges bakterielles Besiedlungsmuster der Haut haben.