Bei AvP kam am Freitagnachmittag die gute Nachricht, dass die fehlenden Abrechnungsgelder ausgezahlt werden. Spätestens am Montag sollen die Kunden die seit Anfang der Woche fehlenden Beträge auf ihrem Konto haben. Die Situation beim Rechenzentrum ist aber weiterhin undurchsichtig.
Rund 3500 Kunden hat AvP, die bislang mit dem privaten Rechenzentrum auch zufrieden waren. Vor einigen Tagen stellten aber die ersten Kollegen fest, dass ihr Abschlag nicht eingegangen war. Da es sich mitunter um 80 Prozent des Umsatzes im Vormonat handelte, fehlte also ein großer Betrag. Um „mehr als ein Jahreseinkommen“ bangt eine Apothekerin.
Die Hotline bei AvP war seit Tagen nicht zu erreichen, auch der Außendienst war entweder ohne Informationen oder abgetaucht. Eine Apothekerin aus Brandenburg kam in der Niederlassung in Heinersdorf durch und wollte sich schon auf den Weg machen, um ihre Rezepte wieder abzuholen. Doch da kam die erlösende Nachricht: AvP werde im Laufe des Tages alle Zahlungen anweisen; der Außendienst sei angewiesen, die Kunden entsprechend zu informieren.
Überall im Land meldeten sich nun plötzlich die Vertreter bei ihren Kunden: telefonisch, per Mail oder auch per Whatsapp. Man habe die erlösende Nachricht erhalten, dass das System funktioniere und alle offenen Gelder raus seien, hieß es beispielsweise. Man gehe davon aus, dass am Montag eine offizielle Information an die Kunden verschickt werde, schrieb ein anderer Außendienstler. „Wollte es Ihnen nur mal schon vorab mitteilen.“
Tatsächlich haben die ersten Kollegen einen Zahlungseingang auf ihrem Konto, der sich zwar noch nicht nachprüfen lasse, aber zumindest in einer entsprechenden Größenordnung sei. Andere Kollegen müssen sich noch gedulden, da nicht alle Banken am Freitagnachmittag noch Überweisungen ausführen.
Auch die Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen, die einige Kollegen eingeschaltet haben, teilte mit, dass Bewegung in die Sache gekommen sei. „Derzeit stehen wir mit AvP in Kontakt, um zu verifizieren, ob die angekündigten Zahlungen tatsächlich erfolgen.“ Gleichzeitig wurden die Mandanten gebeten, ihre Erfahrungen zurückzuspielen.
Derweil kursieren über die aktuelle Situation beim Rechenzentrum die verschiedensten Gerüchte. Firmenchef Mathias Wettstein hatte Probleme beim Serverumzug verantwortlich gemacht. In der Branche ist dagegen von Problemen mit den Banken die Rede und von Kontrolleuren, die seit einigen Wochen in der Düsseldorfer Zentrale ein und aus gehen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) als zuständige Aufsicht wollte sich zu Einzelfällen nicht äußern.
Angeblich, so ist aus mehreren Quellen zu hören, hatte die Commerzbank die Auszahlungen verweigert. Weil aber 3500 Apotheken dringend auf das Geld angewiesen sind, seien die Überweisungen nun doch noch angewiesen worden. Immerhin geht es in der Summe um einen dreistelligen Millionenbetrag, der im System fehlen würde.
Steuerberater und Anwälte arbeiten sich bereits tief in die Materie ein. Dr. Bernhard Bellinger sagt: „AvP soll eine Bescheinigung seiner Hausbank ins Netz stellen, dass das Geschäftskonto nicht gesperrt ist. Das wäre als vertrauensbildende Maßnahme unschlagbar.“ Das Wochenende ist für die betroffenen Kollegen wohl gerettet. In der kommenden Woche wird AvP einen anderen Gang einlegen müssen, um das Vertrauen seiner Kunden zurückzugewinnen.
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