Die Generikaindustrie hält nicht allzu viel von den Plänen der Regierung, Patienten über eine Aufzahlung aus den Rabattverträgen zu befreien. Zwar gehört schon heute in den Apotheken zur Realität, dass Versicherte über die gesetzliche Zuzahlung hinaus an den Kosten beteiligt werden. Doch bislang sind es vor allem Originalhersteller wie Pfizer (Sortis) oder Berlin Chemie (Nebilet), die sich über den von den Krankenkassen veranschlagten Festbetrag hinweg setzen und zum Teil erhebliche Aufzahlungen von den Patienten verlangen. Mittlerweile meutern aber auch Generikahersteller gegen die Systematik der Preisfestsetzung.
Eigentlich gehört es für Generikahersteller zum Pflichtprogramm, den Marktpreis zu halten. Nur bei Festbetragsanpassungen kommt es daher gelegentlich vor, dass die Patienten vorübergehend in die eigene Tasche greifen müssen, etwa weil ein Hersteller neue Preise nicht rechtzeitig gemeldet hat. Nach 14 Tagen folgt in vielen Fällen eine Anpassung der Preise. Aber die Generikahersteller gehen nicht mehr bei jeder Festbetragsrunde mit, sondern nehmen zuweilen die Versicherten in die Pflicht.
Hexal beispielsweise hat sein Antiasthmatikum Salbuhexal (Salbutamol) als Inhalationslösung und als Fertiginhalat auf dem Markt. Letzteres ist aber seit Monatsbeginn nur noch gegen Aufzahlung erhältlich. Da beide Produktlinien nach der aktuellen Festbetragsanpassung in der gleichen Gruppe geführt werden, gilt der einheitliche Festbetrag von 1,79 Euro. Damit seien die Herstellungskosten für die Ampullen, deren Festbetrag bislang bei 10,36 Euro lag, unterschritten, sagte ein Hexal-Sprecher gegenüber APOTHEKE ADHOC. Man bedauere diese „undifferenzierte Festbetragsfestsetzung“ und die daraus folgende Aufzahlungspflicht für die Versicherten. Wer sich als Patient das Mischen der Lösungen nicht zutraut und künftig trotzdem die Fertigampullen bekommen möchte, zahlt mehr als zehn Euro selbst.
Auch bei dem Blutdrucksenker Lercanidipin müssen Patienten eine Differenz übernehmen: Weil der jetzt patentfrei gewordene Wirkstoff mit anderen - günstiger herzustellenden - Calciumantagonisten in eine Festbetragsgruppe eingeordnet wurde, verlangt nicht nur der Originalhersteller eine Aufzahlung. Bei den Generikafirmen Stada, Aliud und Heumann liegen die Mehrkosten für die Versicherten bei jeweils sieben Euro für eine Packung mit 100 Tabletten.
Schon Anfang des Jahres hatten mehrere Generikahersteller ihre Preise für den Blutdrucksenker Nebivolol über die Festbetragsgrenze erhöht, so dass Aufzahlungen fällig wurden. Wegen des aus Sicht der Hersteller zu niedrig angesetzten Festbetrags und des laufenden Patentstreits hatten andere Unternehmen ihre Nebivolol-Präparate im vergangenen Jahr sogar vom Markt genommen.
In Industriekreisen vermutet man, dass es künftig verstärkt zu solchen für Patienten und Apothekenmitarbeiter unangenehmen Situationen kommen wird. Bei Blockbustern wie Omeprazol oder Metformin können sich die Hersteller kaum erlauben, auf der „Kellertreppe“ nicht mit nach unten zu gehen. Nicht ohne Grund sieht man im mittlerweile FDP-geführten Bundesgesundheitsministerium die Festbeträge als Erfolgsmodell und will an ihnen auch nach der Reform festhalten.
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