Rechenzentren

Aufstand beim NARZ: Zwei Geschäftsführer gehen

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Berlin -

Kahlschlag in der Geschäftsführung des NARZ: Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC müssen Uwe Ennen und Peter Gröschl ihre Chefposten beim Rechenzentrum räumen. Hanno Helmker bleibt vorerst alleiniger Geschäftsführer. Ein Unternehmenssprecher wollte sich auf Nachfrage nicht äußern, die Personalien allerdings auch nicht dementieren. Zuletzt hatte es Unruhen im Haus gegeben, innerhalb der Belegschaft wird die Gründung eines Betriebsrats erwogen.

Den Informationen zufolge hat Ennen ein Aufhebungsvertrag unterschrieben. Anfang 2015 wurde er zum Geschäftsführer der Gesellschaft für Informations- und Datenverarbeitung (GfI) berufen, die NARZ-Tochtergesellschaft ist für die Rezeptabrechnung verantwortlich. Zuvor war Ennen Chef beim hauseigenen Softwarehaus Prisma (Aposoft). Mit seiner Berufung in die Spitze des Unternehmens neben Hanno Helmker sollte seinerzeit der Generationswechsel im Haus eingeläutet werden.

Gröschl war erst im Juli vergangenen Jahres zum NARZ gekommen. Bis Ende 2017 war er für das private Rechenzentrum AvP tätig und dort beinahe 20 Jahre im Unternehmen. Beim NARZ hatte Gröschl die Geschäftsführung der GfI erweitert. Er hat das Unternehmen nach übereinstimmenden Informationen schon verlassen. Helmker sollte eigentlich nur noch für eine Übergangszeit an Bord bleiben, bevor er sich in den Ruhestand verabschiedet. Jetzt bleibt er vorerst als einziger Geschäftsführer an Bord.

Über die Hintergründe dürfte spätestens am kommenden Montag mehr bekannt werden. Die Mitarbeiter wurden zu einer Versammlung eingeladen. Besprechungspunkte wurden vorab nicht genannt. Aber zu besprechen geben dürfte es einiges, nachdem unlängst ein Aushang im Haus für Furore sorgte, der APOTHEKE ADHOC vorliegt. Das anderthalbseitige Pamphlet rechnet mit der Unternehmensführung ab und endet mit den Worten: „Jetzt reicht es endgültig!“

In dem Schreiben kommt auch die geplante Gründung eines Betriebsrates zur Sprache – mit Unterstützung von Verdi. Dort wusste man zwar nichts von dem Aushang, der auch schnell wieder entfernt wurde. Beziehungen zur Firma gibt es aber seit Jahren. Das gilt allerdings nur für die Schwesterfirma AVN in Oldenburg, wo Verdi einen Organisationsgrad von über 90 Prozent hat. Seit rund 15 Jahren gibt es dort einen Betriebsrat, die Gewerkschaft unterstützt diesen beim Aushandeln der Tarifverträge. Aktuell gibt es für die AVN-Beschäftigten einen Manteltarifvertrag, einen Vergütungstarifvertrag, einen Tarifvertrag zum Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und einen Tarifvertrag zu einer Sonderzahlung.

Und genau das sorgt auch für Unfrieden beim NARZ in Bremen: Zwar hat die Geschäftsführung in der Vergangenheit gegenüber Verdi erklärt, die für AVN ausgehandelten Tarifverträge in der gesamten Unternehmensgruppe anzuwenden – geschehen ist das aber nach Informationen der Gewerkschaft nicht. Auch darum geht es in dem Aushang in der NARZ-Zentrale: Die AVN-Kollegen erhielten jedes Jahr eine Erhöhung, die NARZ-Mitarbeiter „nur das Abfallprodukt aus Oldenburg“ und auch das nur auf Nachfrage.

Beim NARZ hat Verdi noch keinen Fuß in der Tür. Mit aktuell drei Mitgliedern in den Reihen der Belegschaft wird die Gewerkschaft in Bremen nicht von sich aus aktiv werden können. Mindestens sechs NARZ-Mitarbeiter müssten sich zusammenschließen, um eine Betriebsratswahl zu initiieren: drei für den Wahlvorstand und drei Stellvertreter. Und die müssten irgendwann aus der Deckung, selbst wenn der Verdi-Vertreter zur Wahlversammlung einlädt.

Mit dem radikalen Schnitt in der Geschäftsführung könnten sich die Vorzeichen natürlich auch schon gravierend verändert haben. Denn die im Aushang formulierte Kritik richtete sich vor allem gegen Ennen und Gröschl. Letzterer mache das NARZ zur zweiten AvP, heißt es im Schreiben – weil er ehemalige IT-Kollegen aus Düsseldorf an Bord geholt hatte.

In der Belegschaft gibt es ernsthafte Sorgen: Zum einen musste NARZ/AVN im derzeit intensiven Wettbewerb zwischen den Rechenzentren Federn lassen. Mehrere hundert Kunden haben dem Rechenzentrum den Rücken gekehrt, vor allem Noventi (VSA/ALG) ist im Vertrieb derzeit sehr aktiv. Dazu kommt die Angst vor dem E-Rezept, mit dessen Einführung etliche Tätigkeiten in der Rezeptabrechnung wegfallen werden.

Wenig beruhigend wirkte da auf die Mitarbeiter, dass die Geschäftsführung gegenüber Verdi beim Thema Beschäftigungssicherung so zögerlich war. Der Vertrag muss jedes Jahr erneuert werden, doch für 2020 wollte die Unternehmensführung zunächst nur eine Garantie für das erste Halbjahr aussprechen. Als das bekannt wurde, brannte die Luft. Zwischenzeitlich hat man sich aber auf einen neuen Vertrag geeinigt, sogar bis Ende 2021. Aber auch das gilt wiederum nur für die AVN-Beschäftigten.

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