Kurz vor Weihnachten haben rund 40 Apotheker eine Abmahnung des easy-Apothekers Harald Steinert erhalten. Es geht um die unzureichende Kennzeichnung von Lebensmitteln in Webshops. Steinert beteuert, dass es ihm um die Sache und nicht um die Abmahnungen geht. Auf Wunsch der Betroffenen wurde daher eine Fristverlängerung eingeräumt, mit anderen Kollegen hat sich Steinert nach eigenen Angaben sogar schon telefonisch geeinigt.
Seit dem 13. Dezember gilt europaweit die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV). Demnach müssen bei Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln vor dem Kauf zusätzliche Informationen für den Verbraucher verfügbar sein, etwa über enthaltene Allergene. In Webshops der abgemahnten Apotheken wurden diese Informationen zum Teil noch nicht angezeigt.
Steinert ist Inhaber der easy-Apotheke in Hildesheim und der gleichnamigen Versandapotheke. Nach seinen Angaben hat sich sein Team in den vergangenen Monaten intensiv mit der Umsetzung der Verordnung befasst. Einzelne Mitarbeiter hätten bis zu 100 Überstunden aufgebaut, berichtet der Apotheker. Dass nicht alle Kollegen einen so hohen hohen Aufwand betrieben hätten, sei für ihn durchaus wettbewerbsrelevant. Schließlich müssten sich alle an die Gesetze halten.
Unglücklich war der Zeitpunkt der Abmahn-Aktion: Viele Apotheken haben das Schreiben der Kanzlei Scharffetter & Blatt aus Hildesheim am 23. Dezember erhalten – mit Frist zur Abgabe einer Unterlassungserklärung bis zum Silvestertag.
Deshalb hat unter anderem der Landesapothekerverband Baden-Württemberg hier eine Hilfestellung gegeben: Justiziar Frank Dambacher hat für die Mitglieder ein Musterschreiben zur Fristverlängerung entworfen, damit diese bis zum 15. Januar Zeit haben, sich mit einem Anwalt zu besprechen. Die gesetzte Frist erscheine „nicht als angemessen“, heißt es in dem Musterbrief. Unter Berücksichtigung der bevorstehenden Feiertage nebst Jahreswechsel sei die Möglichkeit, anwaltlichen Rat zur Prüfung der Rechtslage und Klärung der Verfahrensweise einzuholen, stark eingeschränkt, heißt es weiter. Der LAV selbst vertritt seine Mitglieder aber weder außergerichtlich noch gerichtlich.
Der Aufschub wurde in Hildesheim offenbar gewährt, so dass Apotheker in diesen Fällen bis Mitte des Monats entscheiden können, wie sie auf die Abmahnung reagieren. Vereinzelt wurden laut Steinert bereits Unterlassungserklärungen abgegeben. Andere Kollegen hätten sich persönlich bei ihm gemeldet. Wenn diese zusagten, die Fehler in ihren Webshops zu beheben, will Steinert die Sache auf sich beruhen lassen.
Noch sind aber nicht alle Fälle beigelegt: Einige Apotheker haben bereits selbst einen Anwalt eingeschaltet und der Abmahnung widersprochen. Wie er damit umgehen wird, weiß Steinert noch nicht. Die Sache liegt jetzt bei seinen Anwälten.
Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas von der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen aus Freiburg vertritt mehrere Apotheker. Er hält die Abmahnungen für unbegründet, da es für die betroffenen Produkte eine Übergangfrist gebe. Dies müsse auch für Darstellung im Internet gelten.
So weit würde die Wettbewerbszentrale nicht gehen. Die Abverkaufsfrist betreffe nicht unbedingt auch Informationen im Netz, heißt es aus Bad Homburg. Die Frist begründe sich darin, dass keine Produkte vernichtet werden müssten. Es spreche aber nichts dagegen, die Informationen mit dem Stichtag richtig im Internet darzustellen, so Rechtsanwältin Antje Dau. Immerhin sei die Verordnung sei längerer Zeit bekannt. „Übergangsvorschriften sind eher restriktiv auszulegen“, so Dau. Letztlich handele es sich aber um eine ungeklärte Rechtsfrage.
Selbst aktiv werden wird die Wettbewerbszentrale in der Sache daher zunächst nicht. Allerdings sind auch in Bad Homburg schon erste Beschwerden eingegangen. Dau will in diesen Fällen aber zunächst mit Hinweisschreiben reagieren und nicht gleich abmahnen. Die Umstellung bedeute ohne Frage viel Arbeit, aber einige Firmen hätten dies auch bereits mit großem Aufwand betrieben.
Steinert war überrascht, welche Welle seine Abmahnungen geschlagen haben. „Mit geht es nur um das Thema“, so der easy-Apotheker der ersten Stunde. Zumindest seien die Kollegen jetzt dafür sensibilisiert. Daher will er die Sache auch künftig nicht weiter verfolgen.
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