Der Markt für Therapie-Allergene ist in Bewegung: Mehr als 6400 Präparate sind seit November des vergangenen Jahres nicht mehr erhältlich. Hintergrund für die Veränderungen ist die Therapieallergene-Verordnung (TAV) aus dem Jahr 2008: Seit 2011 müssen Therapieallergene wie andere Arzneimittel zugelassen werden. Für die Hersteller bedeutet dies Aufwand und Kosten, aber auch Chancen.
Bevor die TAV in Kraft trat, mussten Therapieallergene nicht zugelassen werden, sondern galten als individuelle Rezepturen. Mit der TAV wurde die deutsche Gesetzgebung an europäisches Recht angepasst: Allergene aus Süßgräsern, Birke, Erle, Hasel, Hausstaubmilden, Bienen- und Wespengift müssen seitdem – wie alle anderen Arzneimittel – zugelassen werden.
Daraufhin wurden dem für die Zulassung verantwortlichen Paul-Ehrlich-Institut (PEI) mehr als 6600 auf dem Markt verfügbare Therapieallergene gemeldet. Doch nur für 123 reichten Unternehmen auch Anträge auf Zulassung ein. Alle anderen Präparate durften noch bis Ende 2011 verkauft werden, um begonnene Therapien zu beenden.
Zulassungsstudien sind für die Hersteller der Präparate oftmals aufwendig und teuer: Es müssen Studien zu Dosisfindung und Wirksamkeit durchgeführt werden, außerdem Testreihen zur Langzeitwirkung und für Kinder. Für einige Produkte lohne sich der Aufwand schlicht nicht, erklärt ein Sprecher des Allergie-Spezialisten Stallergenes: So habe man beispielsweise beschlossen, für Staloral Gräser/Roggen keine Zulassung zu beantragen.
Bei anderen Präparaten sei es zu Problemen zwischen deutschem und europäischem Recht gekommen, sagte der Stallergenes-Sprecher. Einige Produkte waren im EU-Ausland bereits zugelassen. Eine Nachzulassung für Deutschland ist jedoch nicht vorgesehen. Daher wurden die Zulassungsanträge für Staloral Gräser und Milben zurückgezogen.
Hinzu komme, dass mit Oralair ein Nachfolgerprodukt für Gräser entwickelt wurde, das bereits zugelassen ist. Für Milben befindet sich dem Unternehmen zufolge ebenfalls ein neues Präparat in der Entwicklung.
Die Situation macht sich der Düsseldorfer Konkurrent Hal Allergie zunutze: In einem Schreiben wies der Hersteller die Apotheker darauf hin, statt der nicht verfügbaren Stallergenes-Präparate auf die Hal-Produkte zurückgreifen. Die Präparate von Hal Allergie seien zwar auch noch nicht vom PEI zugelassen, erklärt ein Unternehmenssprecher. Die Zulassung sei jedoch bereits beantragt. Damit fielen die Präparate in einen Übergangsstatus. Bis 2018 hätten die Hersteller nun Zeit, die Studien durchzuführen.
Um die hohen Kosten für die Studien tragen zu können, würden zunächst nur für die Produkte Sublivac Gräser und Birke Zulassungen erwirkt, so der Hal-Sprecher. Bei beiden Präparaten liefen zurzeit die Dosisfindungsstudien.
Anschließend werde man sich der Milbenmischung sowie den Gräser- und Baumkombinationen zuwenden. Auch bei Hal Allergie wurden nach der Therapieallergene-Verordnung Produkte gestrichen: Für die Depot-Hal-Produkte wurde keine Zulassung beantragt, da die vergleichbare Purethal-Serie bereits zugelassen sei.
Den deutschen Therapie-Allergene-Markt teilen sich neun Unternehmen. Jährlich werden Schätzungen zufolge zwischen 250 bis 300 Millionen Euro umgesetzt. Bis zu 200.000 neue Patienten kommen jedes Jahr dazu. Allerdings ist die Branche gebeutelt: Viele Anbieter haben beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eine Befreiung vom Herstellerrabatt und dem Preismoratorium beantragt. Die Firmen müssen nachweisen, dass sie den Abschlag nicht aus ihren Erträgen finanzieren können.
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