Corona hat vielen Menschen die Kauflaune verdorben, das bekommen auch die Apotheken zu spüren. Auf den Ansturm im März folgte der Einbruch im April. Auch im Mai hat die Flaute angehalten, wie eine Analyse der Unternehmensberatung Sempora zeigt.
Zugrunde liegen Zahlen von Insight Health (Apotheke) und DatamedIQ (Versandhandel). Als Vergleich wurden die Abverkäufe in den Kalenderwochen (KW) 4 bis 6 herangezogen, analysiert wurden die Zahlen während des Booms in KW 9 bis 12 sowie die Zahlen nach Inkrafttreten der Kontaktsperre in KW 13 bis 16 (Abkling-Phase I) und in KW 17 bis 21 (Abkling-Phase II). Der Vergleich bezieht sich damit nicht auf das Vorjahr, sondern die Vorwochen – saisonale Effekte etwa auf einzelne Kategorien sind also nicht berücksichtigt.
Während der Phase der Hamsterkäufe legten die Abverkäufe in der Spitze um 33 Prozent (KW 9) und 46 Prozent (KW 11) zu; hier lag das Plus in der Offizin bei 37 beziehungsweise 51 Prozent, im Versandhandel bei 20 beziehungsweise 26 Prozent. Ab KW 13 lagen die Abverkäufe dann rund 10 Prozent unter dem Ausgangswert (KW 4 bis 6), in der Woche nach Ostern sogar ein Drittel darunter. Danach legte der Index zwar wieder leicht zu auf 86 beziehungsweise 81 – um im Mai wieder zu fallen auf 76, 78, 78 und schließlich 71.
Die Apotheken vor Ort sind nach wie vor stärker vom Einbruch betroffen als der Versandhandel: Sie lagen im Mai ungefähr ein Viertel (26 Prozent) unter dem Ausgangswert; im Versandhandel beträgt das Minus nur 17 Prozent. Zu berücksichtigen ist allerdings die Feiertagssituation mit 1. Mai, Himmelfahrt und Pfingsten.
In einigen Kategorien waren das Auf und Ab besonders ausgeprägt:
Keine große Überraschung: Desinfektionsmittel verzeichneten den größten Anstieg unter allen OTC-Kategorien. In der Apotheke vor Ort lagen die Abverkäufe in der Spitze beim 3,9-Fachen des Ausgangswertes, im Versandhandel immerhin 79 Prozent darüber. Auch nach dem Boom liegen die Werte 68 beziehungsweise 110 Prozent über dem Ausgangsniveau – hier liegen die Versender im Anstieg sogar vorn. In den Apotheken dürfte der Wert allerdings höher liegen, denn vielerorts wurden aus Mangel an Fertigprodukten in der Rezeptur aus den Ausgangsstoffen eigene Zubereitungen hergestellt.
Wer gar nicht erst krank werden will, sollte bei grassierenden Infektionswellen sein Immunsystem fit halten. Die entsprechende Produktkategorie erfreut sich daher großer Beliebtheit: In der Offizin haben sich die Abverkäufe zeitweise verdreifacht, im Versandhandel immerhin mehr als verdoppelt (plus 134 Prozent). Hier ist der Boom mittlerweile zu Ende – zu berücksichtigen ist, dass die klassische Erkältungssaison mittlerweile beendet ist.
Nicht auf Corona zurückzuführen ist der Anstieg bei Antiallergika: Anfang März war die Nachfrage mehr als doppelt so hoch wie im Januar, zuletzt lag sie beim 3-Fachen. Offizin und Versandhandel weisen hier parallele Entwicklungen auf.
Ein Medikament gegen Corona gibt es nicht, behandelt werden vor allem die Symptome. Viele Verbraucher haben sich daher mit schmerz- und fiebersenkenden Mitteln eingedeckt. Hier wuchsen die Abverkäufe in der Spitze um 80 Prozent; während die Abverkäufe in den Apotheken vor Ort auf drei Viertel des Ausgangsniveaus gefallen sind, sind sie im Versandhandel nach wie vor relativ stabil (87 Prozent).
Wo viel desinfiziert wird, leidet die Haut. So gesehen zogen Sterilium & Co. die Kategorie Handpflege mit, die sich mit Beginn der Corona-Krise verdoppelt hatte und aktuell rund 60 Prozent über dem Ausgangswert liegt. Im Versandhandel kam der Boom erst später – und hält ebenfalls an. Andere Kosmetikkategorien – etwa Gesichts- oder Körperpflege – weisen kein Wachstum auf.
Auch bei den Produktgruppen der Expektorantien, Halsschmerzpräparate, Grippemittel, Rhinologika und Inhalate lässt sich ein deutlicher Anstieg um 50 bis 80 Prozent sehen – vor allem im Versandhandel. Allerdings könnte es sich auch hier um ein saisonales Phänomen handeln, jedenfalls sind die Abverkäufe seit KW 13 auf 18 bis 38 Prozent des Wertes im Januar zurückgegangen.
Vergleichsweise wenig Bewegung war bei den übrigen großen OTC-Kategorien zu verzeichnen: Topische Antirheumatika, Mineralstoffpräparate, Magen-Darm-Mittel und Dermatika legten vorübergehend um 10 bis 30 Prozent zu und lagen zuletzt unter dem Vergleichszeitraum.
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