DocMorris sucht Partnerapotheken Lothar Klein, 18.04.2017 08:05 Uhr
Trotz EuGH-Urteil erholt sich das Rx-Geschäft bei DocMorris nur langsam. Der OTC-Markt wiederum ist hart umkämpft. Also sucht die niederländische Versandapotheke nach neuen Varianten für den Ausbau ihres Geschäfts. Multichannel heißt die Losung des Mutterkonzerns Zur Rose. Ein „Kooperationsmodell 4.0“ schwebt auch DocMorris-Chef Olaf Heinrich vor. Noch sind das Gedankenspiele in einem frühen Stadium. Aber klar ist, dass neben dem Versandhandel noch etwas anderes entstehen muss – deshalb soll der Geschäftsbereich Services ausgebaut werden.
„Im Gesundheitswesen kann man nicht nur über einen Vertriebskanal operieren“, sagt Heinrich im Gespräch mit APOTHEKE ADHOC: „Wir müssen akzeptieren, dass die Kunden ‚omnichannel‘ sind. Heute kaufen sie ihre Arzneimittel in der Vor-Ort-Apotheke, das nächste Mal bestellen sie bei DocMorris. Mit Blick auf das zentrale Thema Medikationsmanagement gehen uns dabei eine Menge wichtiger Daten verloren. Vorrangiges Ziel ist und bleibt die optimale Patientenbetreuung und -versorgung auf Basis aller notwendigen Informationen. Die Patientenorientierung aller Beteiligten ist der Schlüssel für mehr Qualität und Sicherheit für den Einzelnen.“
Wegen des geltenden Fremdbesitzverbots darf DocMorris bekanntermaßen keine eigenen Apotheken eröffnen. „Allerdings prüfen wir Kooperationsmodelle mit bestehenden Apotheken auf der Basis von digitalen Vernetzungen“, erklärt Heinrich. „Wir denken da unter anderem an eine Rundumbetreuung des Patienten, unabhängig davon, für welchen Bezugskanal für seine Arzneimittel er sich entscheidet. Im Gesundheitssystem der Zukunft wird es kaum mehr Insellösungen geben.“
„Warum sollten wir nicht ein innovatives Kooperationsmodell 4.0 hinkriegen“, so Heinrich: „Wir könnten die Patientendaten bei DocMorris und den Vor-Ort-Apotheken zusammenführen. Dann hätte jeder einen 360-Grad-Blick auf die Medikation.“ DocMorris könnte in diesem Modell die Medikationsdaten der angeschlossenen Präsenzapotheken einsehen und diese die Daten von DocMorris. „Alle wären Gewinner“, so Heinrich.
„Das wäre eine Kooperation auf einem neuen, höheren Level“, so Heinrich. Es gehe hierbei nicht um die Wiederauflage des jetzt auslaufenden ehemaligen Franchisekonzepts. „Es geht dabei nicht ums Branding, sondern um Partnerapotheken“, so Heinrich.
Technische Grundlage für die Kooperation 4.0 könnte die DocMorris-App bilden. Dort seien bereits alle DocMorris-Medikationsdaten mit Zustimmung der Patienten gespeichert. Mit einer Schnittstelle, beispielsweise über einen Barcode, könne man die DocMorris-App öffnen für Partnerapotheken. Über ein Signal könne der DocMorris-Kunde dann informiert werden, wo er vor Ort eine DocMorris-Partnerapotheke ansteuern könne, so Heinrich: „Alle dort eingekauften oder auf Rezept erhaltenen Rx-Arzneimittel könnten so automatisch hinzugefügt werden.“
„Wir sind insgesamt viel digitaler geworden, und wir lernen täglich dazu, wie E-Health funktioniert. Es ist ein langer Prozess – auch für unsere Kunden. Das sehen wir beispielsweise beim Einsatz unserer App, die wir deutlich verbessern konnten. Wir haben gesehen, dass es nicht genügt, ein Medikament einfach von A nach B zu versenden“, so Heinrich. Der Kunde erwarte zusätzliche Dienstleistungen. Die aktive Mitgestaltung des digitalen Wandels sowie die Teilhabe der Patienten am Nutzen der Digitalisierung seien dabei erfolgskritische Faktoren für alle Akteure im Gesundheitswesen.
So könnte es also weitergehen. Medikationsmanagement a là DocMorris: „Gesundheitsminister Hermann Gröhe macht mit seinem Medikationsplan doch dasselbe, nur schlechter auf Papier“, so Heinrich.
Aber das ist noch Zukunftsmusik: „Wegen des aktuellen Streits um das Rx-Versandverbot sind wir natürlich für viele Apotheken ein rotes Tuch“, weiß Heinrich: „Das wäre jetzt der falsche Zeitpunkt für konkrete Schritte. Noch befinden sich unsere Überlegungen im reinen Konzeptstadium.“ Allerdings meldeten sich ehemalige DocMorris-Apotheker, die Interesse an einer Fortsetzung hätten.
Klar ist für den DocMorris-Chef, dass das Thema Kooperation irgendwie auf einem anderen Niveau weitergehen muss: „Das Thema Branding reicht für Kooperationen nicht mehr aus. Wir müssen einen Schritt weitergehen, einen neuen Level mit höherem Nutzwert für die Patienten anstreben.“