Arzneimittelkriminalität

Omeprazol: 600.000 gefälschte Packungen

, Uhr
Berlin -

Gefälschtes Omeprazol wurde über die Lieferkette weitaus länger in Apotheken geschleust, als zunächst angenommen. Der Staatsanwaltschaft Stuttgart zufolge haben die beiden verdächtigen Brüder die Produkte bereits seit Anfang 2008 in Spanien herstellen lassen. Gegen die mutmaßlichen Fälscher wurde jetzt Anklage wegen des Verdachts auf vielfachen Betrug in besonders schwerem Fall sowie wegen Verstößen gegen das Arzneimittel- und Markengesetz erhoben.

Die beiden 51 und 55 Jahre alten Beschuldigten sitzen seit rund einem Jahr in Untersuchungshaft. Sie sollen laut Staatsanwaltschaft von Mai 2008 bis Februar 2013 über einen „gutgäubigen Zwischenhändler“ gefälschtes Omeprazol in die Lieferkette geschleust haben. Dabei sollen sie unter verschiedenen Firmennamen aufgetreten sein.

Insgesamt gehen die Ermittler von rund 600.000 gefälschten Packungen im Wert von knapp 15 Millionen Euro aus. Die Kapseln sollen laut Staatsanwaltschaft bei einem spanischen Lohnhersteller gefertigt worden sein – fast alle Generikaanbieter lassen in Spanien den Protonenpumpenhemmer produzieren. Per Kurierdienst wurde die Ware nach Norddeutschland gebracht.

Die Polizei hatte in einem Lager in Schleswig-Holstein große Mengen an Medikamenten, Verpackungsmaterial und Geschäftsunterlagen sichergestellt. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Ware dort in handelsübliche Plastikflaschen umverpackt und mit Aufklebern sowie Beipackzetteln versehen worden war.

Als Druckvorlage für die Packungen dienten laut Staatsanwaltschaft Original-Packungen von Hexal, Ratiopharm und KSK. Auch Chargennummern und Haltbarkeitsdaten wurden übernommen. Den Ermittlern zufolge sollte falsche Ware mindestens eines weiteren Herstellers untergeschoben werden.

Bereits Ende 2012 waren den Behörden zufolge erstmals gefälschte Packungen aufgefallen. Daraufhin wurde in Deutschland und in Europa nach der Quelle der Plagiate gesucht. Anfang März 2013 wurden in ganz Deutschland knapp 40 Niederlassungen und Geschäftsräume von Pharmagroßhändlern durchsucht.

Auch beim hessischen Zwischenhändler Cito Med klopften die Ermittler an. In den Räumen der Firma aus Bickenbach bei Darmstadt sollen die betroffenen Chargen der Hersteller Ratiopharm, Hexal und KSK gefunden worden sein.

Cito Med hat laut eigenen Angaben bereits seit Jahren von dem Lieferanten Arzneimittel erhalten. Die Beziehung sei vorher nie problematisch gewesen, sagt Geschäftsführer Manfred Barz. „Wir haben auch erst durch die Staatsanwaltschaft von den Fälschungen erfahren.“

Die betroffene Ware sei bei der internen Qualitätskontrolle des 1998 gegründeten Shortliners nicht aufgefallen. Auch der angebotene Rabatt sei verhältnismäßig gewesen. „Die haben das geschickt gemacht und müssen einen Riesenaufwand betrieben haben.“

Laut Staatsanwaltschaft ist von den Fälschungen keine Gefahr für die Patienten ausgegangen. Die beiden Verdächtigen haben sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert. Der Fall wird jetzt vor dem Landgericht Stuttgart verhandelt. Einen Termin gibt es noch nicht. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Verfahren bald eröffnet wird.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr zum Thema
Beirat zu Liefer- und Versorgungsengpässen
Salbutamol: Versorgungslage ab Januar unklar
Salbutamol, Clarithromycin, Sultamicillin – Verfügbarkeit unter 50 Prozent
Ibuprofen-Zäpfchen: Bedarf kann nicht gedeckt werden
Mehr aus Ressort
ApoRetro – Der satirische Wochenrückblick
Apothekenpläne: Muttis meutern bei dm
Kampagnenmotiv für Apotheken
Noventi verschickt Weihnachtsplakate

APOTHEKE ADHOC Debatte