Arzneimitteldaten

Däinghaus ist zurück

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Berlin -

Ralf Däinghaus ist zurück. Mehr als sechs Jahre sind vergangen, seit der DocMorris-Gründer der Apothekenbranche den Rücken kehrte. Einen zweistelligen Millionenbetrag in der Tasche, startete er in der Folge zwei Projekte, die beide erfolglos blieben. Jetzt tritt der einstige „Apothekerschreck“ einen neuen Job in der Gesundheitsbranche an: Seit Januar leitet der 48-Jährige die deutsche Niederlassung des britischen Datendienstleisters Aegate. Kritiker ahnen nichts Gutes.

Seit Jahresbeginn ist Däinghaus Deutschlandchef von Aegate und Chief Strategy Officer (CSO) zugleich. Was es mit der Ernennung auf sich hat, ist noch unklar: Weder Däinghaus noch Aegate waren bislang für Nachfragen zu erreichen. Beobachter vermuten, dass der ehemalige DocMorris-Chef einem neuen Geschäftsmodell den Weg bereiten soll, das vermutlich mit der Weitergabe von Daten im Zusammenhang steht. Zufall oder nicht: Däinghaus' ehemaliger Kompagnon Thomas Schiffer stand seit 2013 für ein halbes Jahr in den Diensten des IT-Konzerns CompuGroup Medical (CGM), zu dem auch Lauer-Fischer gehört.

Aegate ist der führenden Anbieter von Überprüfungs- und Authentifizierungssystemen für den Arzneimittelbereich. Das britische Unternehmen hat seit der Gründung im Jahr 2003 umfassende Erfahrungen mit der Verifizierung von Medikamenten gesammelt und ist einer von drei Vertragspartnern der European Medicines Verification Organisation (EMVO) für die Umsetzung der EU-Fälschungsrichtlinie.

Ab 9. Februar 2019 dürfen nur noch verschreibungspflichtige Arzneimittel in den Verkehr gebracht werden, die eine individuelle Seriennummer tragen und die erkennbar unversehrt sind. Anfang Februar wurde der Delegierte Rechtsakt im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Damit begann für die Hersteller, Großhändler und Apotheken die dreijährige Umsetzungsfrist.

Während für die Umsetzung die Mitgliedstaaten verantwortlich sind, leistet EMVO auf organisatorischer und technischer Ebene wichtige Vorarbeit. Auf europäischer Ebene arbeiten die Pharmaverbände EFPIA und EGA, der Verband der Reimporteure EAEPC sowie der Großhandelsverband GIRP und der Apothekerverband PGEU zusammen. Als Vorsitzende hat Sonia Ruiz, Vertreterin des spanischen Apothekerverbandes in Brüssel, den ehemaligen PGEU-Generalsekretär John Chave beerbt.

Im vergangenen Jahr hatte EMVO Rahmenverträge mit drei technischen Dienstleistern geschlossen, zu denen neben Arvato und Solidsoft Reply auch Aegate gehört. Beauftragt werden müssen die Firmen durch die Arbeitsgruppen in den Mitgliedstaaten.

Allerdings ist der Zug in Deutschland bereits abgefahren, denn bei Securpharm ist als technischer Dienstleister die Bertelsmann-Tochter Arvato an Bord. Unklar ist damit, was Aegate mit einer deutschen Niederlassung erreichen will. Kritiker werfen dem Unternehmen vor, die technische Infrastruktur zu nutzen, um aus dem System Daten abzuzweigen und kommerziell zu vermarkten. Insbesondere die Pharmaindustrie könnte ein Interesse an Informationen haben, die die Lieferwege nachvollziehbar machen.

Tatsächlich berichten europäische Beobachter von einem aggressiven Kurs, den das Unternehmen angeblich eingeschlagen hat. Zwar wurde bei EMVO und Securpharm lange über die Verwaltung der Daten verhandelt, um einen Missbrauch zu verhindern. Doch in Belgien und Italien sollen bereits Verträge aufgetaucht sein, mit denen sich die Apotheken den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Aegate unterwerfen und damit der Weitergabe von Daten zustimmen sollten. In Griechenland soll die Firma sogar versucht haben, sich Exklusivrechte für die aus dem System gewonnen Informationen zu sichern.

Auch in Deutschland ist Aegate offenbar auf Partnersuche – auch ohne Projektpartner bei Securpharm zu sein. Im vergangenen Sommer lud die Firma nach Frankfurt zum „Ecosystem Partner Symposium“. Vorgestellt werden sollte ein neuer, lukrativer Geschäftszweig: „Aegate wird Ihnen Umsatzmöglichkeiten vorstellen, die über die Authentifizierungsdienstleistung innerhalb unseres Systems hinausgehen“, hieß es. „Für Ihren Dienst an der erhöhten Patientensicherheit werden Ihnen Umsatzbeteiligungen direkt vom Hersteller bezahlt.“

Aegate versprach eine Kompensation für die zusätzlichen Kosten sowie einen monatlichen Bonus für alle Apotheken, die das Modul nutzen. Das Aegate-Modell laufe seit mehr als acht Jahren erfolgreich und komme täglich in mehr als 20.000 Medikamentenausgabepunkten in unterschiedlichen europäischen Ländern zum Einsatz, hieß es. „Der Umsatz und der positive Effekt für die Apotheker wie auch für den Dienstleistungserbringer, hat für einen erheblichen Zugewinn beider Parteien gesorgt.“

Aegate geht auf die Unternehmensberatung PA Consulting zurück, die sich auf technische Dienstleistungen spezialisiert hat. Zur Verbesserung der Patientensicherheit sollte ein System geschaffen werden, mit dem sich Medikamente verifizieren lassen. 2004 führte das Unternehmen eine dreimonatige Studie mit 44 Apotheken und sechs Pharmaunternehmen durch. Gezeigt werden sollte, dass falsch ausgewählte, illegale, abgelaufene und gefälschte Medikamente zum Zeitpunkt der Abgabe mit minimaler Unterbrechung des Verlaufs der täglichen Apothekenkette, identifiziert werden können.

Ein Jahr später wurde das Pilotprojekt in den USA wiederholt, diesmal beteiligten sich mehr als 40 Apotheken im Bundesstaat New York. 2006 ist die Entwicklung abgeschlossen. Im selben Jahr schloss Aegate eine Kooperation mit dem belgischen Apothekerverband APB, die es ermöglicht, das System vollständig in die bestehenden EDV-Systeme zu integrieren. 2007 folgte der Markteintritt in Griechenland, 2008 in Italien. Im vergangenen Jahr wurden schließlich Büros nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Niederlanden, Spanien, Polen, Skandinavien, Tschechien und Frankreich eröffnet.

Mittlerweile gibt es nicht nur eine Kooperation mit der Druckerei Domino, sondern auch mit dem Softewarehersteller Axway. Dadurch lassen sich seit 2009 Sendungen rückverfolgen und Stammbäume aufzeichnen. Ab 2011 arbeitete Aegate aktiv an der Ausgestaltung der Fälschungsrichtlinie mit. 2013 übernahmen Finanzinvestoren die Firma. Kurz darauf übernahm Mark de Simone die Leitung des Unternehmens; er hatte zuvor unter anderem für Terra, Clouditalia, Cordys, Cisco, Hewlett Packard und McKinsey gearbeitet. Den Aufsichtsrat leitet Sir David Cooksey, langjähriger Direktor der Bank von England und Berater der britischen Regierung.

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