Jubel beim Apothekerverband, Ernüchterung bei DocMorris: Der Arzneimittelautomat im baden-württembergischen Hüffenhardt muss nach der Entscheidung des Landgerichts Mosbach (LG) schließen. Die Versandapotheke hat aber bereits angekündigt, Beschwerde beim Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) einzulegen.
Ina Hofferberth, Geschäftsführerin beim Landesapothekerverband, begrüßt die Entscheidung: „Das Gericht ist heute unseren guten und überzeugenden Argumenten gefolgt. Die Arzneimittelabgabe in Hüffenhardt bewegte sich abseits aller Vorschriften und Vorgaben, die für eine erlaubte und apothekenrechtlich einwandfreie Abgabe von Arzneimitteln bestehen.“
„Dass die Betreiber des Abgabeautomates in Hüffenhardt sich über alle Bestimmungen hinweggesetzt haben, greift stark in den Wettbewerb ein und hat all diejenigen benachteiligt, die sich an Recht und Gesetz halten“, so Hofferberth weiter. Aus diesem Grund sei die zuständige Kammer für Handelssachen dem Antrag auf einstweilige Verfügung jegliche Arzneimittelabgabe gefolgt. „Denn die Botschaft ist klar: Was dort als verlängerter Arm eines zulässigen Versandhandels ausgegeben werden sollte, entbehrt jeglicher rechtlicher Grundlage.“
Hofferberth weiß, dass dieser Erfolg nur ein erster Etappensieg sein kann. Bereits im Vorfeld hatte DocMorris klar gemacht, bei einem negativen Ausgang Rechtsmittel einzulegen. Hofferberth: „Das ungleiche Kräftemessen einer großen Kapitalgesellschaft gegen kleine inhabergeführte Apotheken wird also weitergehen.“
Der LAV werde den Kampf für seine Mitglieder mit aller Entschiedenheit fortsetzen. „Es widerspricht unserem Rechtsempfinden zutiefst, wenn die öffentlichen Apotheken alle Vorgaben und Regularien für einen rechtmäßigen Betrieb streng einhalten – und bei Nichtbeachtung bestraft werden, während eine ausländische Kapitalgesellschaft sich über geltendes Apotheken- und Arzneimittelrecht hinwegsetzen kann. Die Dreistigkeit, mit der man bestehendes und geltendes Recht ignoriert hat, ist beispiellos.“
Würde das Modell Schule machen, käme es zu einem Dammbruch, der die Säulen der bestehenden Versorgungsstruktur erschüttere, so Hofferberth. „Und darum tut es jetzt gut, von einem Gericht zunächst darin bestätigt worden zu sein, dass auch Hüffenhardt kein rechtsfreier Raum, kein Phantasialand ist, in dem man sich die Welt zurechtbiegt, wie man es gerade will.“
DocMorris hatte nach Angaben von Vorstandschef Olaf Heinrich auf eine „Rechtsprechung im Sinne der Einwohner Hüffenhardts“ gehofft. „Das Urteil erschwert es, die Situation in ländlichen Regionen zu verbessern und die Chancen der Digitalisierung als Lösung zu begreifen“, so Heinrich.
Die Versandapotheke will nach eigenem Bekunden „elementare Rechtsfragen zu alternativen und digitalen Versorgungskonzepten klären lassen, die für die künftige Arzneimittelversorgung speziell in ländlichen Regionen von großer Bedeutung sind“. Für die Gemeinde und den Bürgermeister sei die digitale Lösung ein erwünschter Beitrag zur Sicherung der Daseinsvorsorge der Menschen.
DocMorris kritisiert, dass der Gemeinde seitens der Apotheker keine eigene Lösung für die bestehende pharmazeutische Versorgungslücke angeboten wurde. Stattdessen verhindere der Verband nun gerichtlich die gefundene Alternative des Bürgermeisters mit DocMorris.
„Bis zur Entscheidung der nächsten Instanz muss die Videoberatung mit Arzneimittelabgabe daher geschlossen bleiben. Den Einwohnern bleibt bis dahin nur die Hoffnung, dass die inzwischen eingerichtete Rezeptsammelstelle – ein Briefkasten – dauerhaft und kostenlos erhalten bleibt. Denn diese ist laut Landesapothekenkammer nicht ‚gewinnträchtig‘ und nur zeitlich befristet.“
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