Apobank ./. Apobank Patrick Hollstein, 17.01.2014 15:12 Uhr
Die Apobank als Zockerbank? Seit der Finanzkrise kämpft das genossenschaftliche Geldinstitut der Apotheker und Ärzte nicht nur mit Abschreibungen im hohen dreistelligen Millionenbereich, sondern auch um seinen guten Ruf. Aktuell wird vor dem Landgericht Düsseldorf darüber gestritten, ob der ehemalige Vorstand zumindest für einen kleinen Teil der erlittenen Verluste zur Rechenschaft gezogen werden kann. Beim letzten Verhandlungstermin ließen die Richter heute durchblicken, dass sie zumindest die Höhe der geltend gemachten Forderungen für zweifelhaft halten.
Noch im Juni 2009 sprach der damalige Vorstandssprecher Günter Preuß bei seiner letzten Vertreterversammlung von einer „konservativen Risikopolitik“ und davon, dass die Apobank nur Opfer des „Funkenflugs in der Pulverkammer des Weltfinanzsystems“ sei. Danach gab es lange Beifall, Preuß wurde zum „Ehrenmitglied“ ernannt. Wenige Monate später wurde der Rettungsschirm aufgespannt, und die Dividende war futsch.
Seit vier Jahren lässt die Apobank prüfen, ob bei ihrem – mittlerweile weitgehend aufgearbeiteten und teuer bezahlten – „Ausflug an den Kapitalmarkt“ Geld der Apotheker und Ärzte verzockt wurde. Zumindest bei zwei Geschäften glaubt man in Düsseldorf nachweisen zu können, dass die Vorstände ihre Pflichten verletzt und gegen das in der Satzung verankerte Spekulationsverbot verstoßen zu haben.
Im Februar 2007 hatte der Vorstand beschlossen, komplexe Wertpapiere im Wert von knapp 42,5 Millionen Euro auf Pump zu kaufen, die im November desselben Jahres infolge der Finanzkrise zum Totalverlust wurden. Weitere 24 Millionen Euro soll die Apobank parallel durch den Kauf einer Anleihe über drei Spezialfonds verloren haben.
Im Frühjahr 2011 ließ der Aufsichtsrat unter Leitung des ehemaligen Vorsitzenden des Deutschen Apothekerverbands, Hermann S. Keller, fünf ehemalige Vorstände auf Schadenersatz für die komplette Summe von 66 Millionen Euro verklagen. Betroffen sind neben Preuß und dem Ex-Risikovorstand Günther Herion der frühere Kapitalmarktvorstand Harald Wilsing sowie Gerhard K. Girner und Werner Albert Schuster.
Die Beklagten berufen sich auf ihren unternehmerischen Entscheidungsspielraum, den sie nicht überschritten hätten. Risiken seien für das Bankgeschäft charakteristisch und daher grundsätzlich zulässig. Die Finanzkrise hätte man nicht vorhersehen können.
Mehr als 2300 Seiten plus Anlagen sind in den vergangenen zwei Jahren bereits an Schriftsätzen ausgetauscht worden. Die ehemaligen Vorstände klagen ihrerseits auf die Auszahlung von Pensionsansprüchen, die die Apobank bislang einbehalten hat. Auch die ordnungsgemäße Bestellung Wilsings ist streitig.
Im September 2012 wurde beim ersten Verhandlungstermin mehrere Stunden lang diskutiert. Auch heute gab es in Düsseldorf breites Interesse: Immerhin geht es um die grundsätzliche Frage, ob und wann Bankmanager im Falle eines Scheiterns zur Verantwortung gezogen können.
Am 13. Juni will das Gericht entscheiden – so wie es derzeit aussieht, können die Angeklagten zumindest teilweise auf eine Entlastung hoffen. Die Finanzkrise, so ließen die Richter heute schon durchblicken, war mit ursächlich für die erlittenen Verluste – und sie sei „in dieser Schärfe nicht vorhersehbar“ gewesen. Auch an der Schadenaufstellung der Apobank gibt es Zweifel.
Vermutlich wird der Streit nach dem Urteil weitergehen, am Ende könnte sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit den Vorgängen in Düsseldorf beschäftigen müssen. Der Apobank, soviel scheint sicher, geht es weniger ums Geld als ums Prinzip: Seine komplette frühere Führungsmannschaft verklagt man nur, wenn man Gewissheit hat, dass einem übel mitgespielt wurde. Wenn man überzeugt ist, dass die schwarzen Löcher größer waren als die blinkenden Gewinne. Die 66 Millionen Euro sind dann eher ein symbolischer Betrag.
Bis auf Girner waren die Vorstände persönlich erschienen, mitgebracht hatten sie eine Schar von Anwälten. Die eigentlich Betroffenen saßen aber im Zuschauerraum: Vertreter der Versicherungsgesellschaften, bei denen die Vorstände haftpflichtversichert waren und die im Zweifelsfall zahlen müssten. Verhandlungen über eine gütliche Einigung waren bislang gescheitert.