Bunte Arzneimittelschachteln, ein Schlüsselanhänger zum Grippemittel oder Geld-zurück-Aktionen: Medikamente würden an vielen Stellen trivialisiert, beklagen einige Apotheker. An so genannten On-Pack-Promotions stören sich die Kritiker schon seit Jahren – doch statt weniger gibt es immer mehr Zugaben. Sogar Rabattcoupons haben Einzug in die Apotheke gehalten.
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Wer Arzneimittel im Sommer geschickt eingekauft hat, konnte sich vieles weitere für den Urlaub sparen: Sonnenbrille, Bikinitasche, Trinkflasche und Kosmetikspiegel sind nur einige der Zugaben, die es etwa zu Sonnencreme, Mückenmittel und einem Homöopathikum für mehr Energie gab. Das stört nicht nur die Großhändler, die vor immer neuen Herausforderungen beim Einlagern und Kistenpacken stehen, sondern wird auch einigen Apothekern zu bunt.
Der Apothekerverband Nordrhein (AVNR) hat sich das Verbot von On-Pack-Promotions schon länger auf die Fahne geschrieben: Bereits zum Deutschen Apothekertag 2013 kritisierte Verbandschef Thomas Preis, die Beigaben führten zur „Trivialisierung des Arzneimittels“. Der Antrag wurde abgelehnt. Ein Delegierter hatte vorgebracht, es stehe schließlich jedem Apotheker frei, die Präparate nicht einzukaufen oder die Zugaben für die Weihnachtsverlosung beiseite zu legen.
2014 wagte der AVNR einen neuen Anlauf, unterstützt von Kammer und Verband aus Baden-Württemberg. Durch die feste Kombination von apothekenpflichtigen Arzneimitteln mit Zugabeartikeln wie Apfelsinenschälern oder Halstüchern würden falsche Kaufanreize gesetzt. „Der Kauf eines Arzneimittels sollte ausschließlich indikationsgesteuert und bedarfsgerecht sein und nicht durch den Miterwerb kostenfreier Zugabeartikel induziert werden“, erklärten die Antragsteller.
Jörg Wieczorek, Vorsitzender des Bundesverbands der Arzneimittelhersteller (BAH), hatte im Vorfeld des Apothekertags eingeräumt, dass es die Hersteller zuletzt „ein bisschen übertrieben“ hätten. Daher könne man den Antrag, On-Packs grundsätzlich zu verbieten, verstehen. Auch die Hersteller wollten „über den Wert und die Bedeutung von OTC-Arzneimitteln sprechen“ statt mit „Lockangeboten“ den Wert der Arzneimittel zu beschädigen.
Tatsächlich wurde der Antrag von den Delegierten angenommen. Getan hat sich allerdings nichts. Deshalb startet die Apothekerkammer Berlin in diesem Jahr einen neuen Versuch. Die Kammer will den Gesetzgeber auffordern, nicht nur On-Pack-Promotions, sondern auch Coupon-Aktionen für OTC-Arzneimittel zu verbieten.
Dass die Apotheker gegen Coupon-Aktionen sind, liegt womöglich auch daran, dass sie oft vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Wenn der Kunde mit dem Schnipsel am HV-Tisch steht, kann der Rabatt schlecht verweigert werden. Das Geld müssen sich die Pharmazeuten dann bei den Herstellern zurückholen. Spezielle Dienstleister haben sich auf diesen Bereich spezialisiert; die Hersteller nutzen dieses Mittel immer häufiger.
Solche Marketinginstrumente erfreuten sich steigender Beliebtheit, so die Kammer Berlin in ihrem Antrag. „Sie leisten allerdings der Trivialisierung von Arzneimitteln Vorschub und setzen Kaufanreize, die letztendlich den heilberuflichen Auftrag von Apothekerinnen und Apothekern unterminieren.“
Im Rahmen der Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) sollten solche Instrumente durch Änderung der Arzneimittelgesetzgebung unterbunden werden, findet die Kammer.
Dass Arzneimittel Waren der besonderen Art sind, findet man auch beim BAH. „Dies erfordert insbesondere bei Werbe- und Marketingaktivitäten von allen Beteiligten ein verantwortungsvolles Handeln. Kritisch zu hinterfragen sind daher sowohl ausufernde On-Pack-Promotions wie auch übertrieben werblich gestaltete Arzneimittelpackungen“, so stellvertretende Hauptgeschäftsführer Dr. Hermann Kortland.
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