Umfrage

Apotheker sehen Direktvertrieb kritisch APOTHEKE ADHOC, 03.04.2008 19:08 Uhr

Berlin - 

In der aktuellen politischen Diskussion zur Zukunft des Arzneimittelvertriebs stehen auch die Themen Exklusiv- und Direktvertrieb zunehmen auf der Tagesordnung. Offenbar teilen die Apotheker die Befürchtungen der Pharmagroßhändler: Neun von zehn Apothekern bezweifeln, dass die Direktbelieferung durch die pharmazeutische Industrie das klassische Distributionssystem Hersteller-Großhandel-Apotheke ersetzen kann. Das geht aus einer Umfrage
der Andreae-Noris-Zahn AG (Anzag) unter mehr als 100 Apotheken hervor.

Bei der Befragung war in die Bereiche "patentgeschützte Arzneimittel" sowie "Generika/Reimporte und OTC" unterschieden worden. Die Ergebnisse zeigen, dass im Bereich der Originalprodukte acht von zehn Apothekern dann direkt beim Hersteller ordern, wenn die Produkte nur auf diesem Weg erhältlich sind. Bei Generika- und OTC-Produkten sind dagegen offenbar günstige Konditionen und Marketingaktionen ausschlaggebend.

Drei Viertel der Apotheker gaben an, dass es sich bei den Originalen, die nur beim Hersteller erhältlich sind, vor allem um hochpreisige Medikamente handelt. Von der Direktbestellung profitieren offenbar nicht die Apotheker: Drei von vier Befragten zahlen bei für die patentgeschützten Präparate den regulären Apothekeneinkaufspreis.

Die Mehrheit der Befragten bestätigte, dass der Direktbezug generell den Arbeitsaufwand in der Apotheke erhöht: Drei Viertel sehen zusätzliche Belastungen in der Buchhaltung, sechs von zehn Apothekern klagen über Mehraufwand bei der Bestellung und Warenbearbeitung. 60 Prozent der Apotheker würden deshalb die direkten Bestellungen von patentgeschützten Arzneimitteln gerne weiter einschränken. Nur zehn Prozent der Apotheker könnten sich vorstellen, den Direktbezug auszuweiten.

Außerdem sehen rund zwei Drittel der Befragten infolge von Lieferengpässen sogar die Versorgung der Patienten in Gefahr, sollte der Direktbezug künftig zum Standard werden. Neun von zehn Apothekern sind überzeugt davon, dass die Direktbelieferung durch die Hersteller den Großhandel nicht ersetzen kann.

Nach Anzag-Angaben hat sich der Anteil der Direktbelieferungen unter Umgehung des pharmazeutischen Großhandels in Deutschland in weniger als zehn Jahren mehr als verdoppelt und liegt derzeit bei etwa 17 Prozent. Der Bundesverband des Pharmazeutischen Großhandels (Phagro) verhandelt derzeit mit Politik und Verbänden über eine Neugestaltung der Arzneimittelpreisverordnung, um die Anreize für das Direktgeschäft zu minmieren.