„Noch sind die Möglichkeiten begrenzt“

Apothekensterben: dm will einspringen

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Berlin -

Christoph Werner ist seit 2019 Vorsitzender der dm-Geschäftsführung und kennt den Pharmamarkt. Denn zuvor war der Sohn von Firmengründer Götz Werner bei GlaxoSmithKline in den USA tätig. Da überrascht es nicht, dass Werner im Interview mit dem Handelsblatt Potenzial im medizinischen Bereich sieht – auch wegen des Apothekensterbens.

Im ersten Halbjahr sank die Zahl der Apotheken hierzulande um 222. Gab es zum Jahresbeginn 18.047 Betriebsstätten, waren es am 30. Juni noch 17.825. Der Rückgang beläuft sich damit auf 1,3 Prozent – ein Wert, der noch vor fünf Jahren innerhalb von zwölf Monaten erreicht wurde. Vor allem auf dem Land und in strukturschwachen Regionen ist die Apothekendichte gering und die Versorgung in Gefahr.

Werner sieht ein neues Geschäftsfeld. Potenzial hätten nämlich nicht nur die Bereiche dekorative Kosmetik und Hautpflege, sondern auch Gesundheit sei ein Thema. Denn dieses werde angesichts der demografischen Veränderung an Bedeutung gewinnen, so der dm-Chef gegenüber dem Handelsblatt. Und das gelte auch für den medizinischen Bereich.

Noch seien die Möglichkeiten durch die gesetzlichen Vorgaben begrenzt. „Aber wir sehen ja jetzt schon ein Apothekensterben und eine Überlastung der Facharztpraxen. Wir können da als dm mit unseren gut ausgebildeten Drogisten viel mehr anbieten“, zitiert das Handelsblatt den CEO. Und der nennt die 523 Corona-Schnelltestzentren, die sein Konzern eine Zeitlang betrieben hatte, als Beispiel. „Um die Zukunft unseres Unternehmens ist mir da nicht bange.“

Freiverkäufliche Arzneimittel nach § 44 Arzneimittelgesetz (AMG) sind von der Apothekenpflicht ausgenommen. Einer zusätzlichen Beratung durch pharmazeutisches Personal bedarf es nicht. Werden die Produkte jedoch außerhalb der Apotheke verkauft, müssen Einzelhändler aber Sachkenntnis nach § 50 AMG nachweisen. Der Sachkundenachweis wird in der Regel durch eine Sachkundeprüfung vor der zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK) erlangt. Das Zeugnis zum/zur staatlich anerkannten Drogist:in wird als Nachweis der erforderlichen Sachkenntnis im Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln anerkannt.

Aber auch ohne Sachkenntnis können freiverkäufliche Fertigarzneimittel angeboten werden. Dies umfasst:

  • Produkte, die mit ihrem verkehrsüblichen deutschen Namen bezeichnet sind; in ihren Wirkungen allgemein bekannte Pflanzen oder -teile sowie Presssäfte aus frischen Pflanzen oder -teilen, sofern nur mit Wasser gelöst
  • Mineral-, Heil- und Meerwasser und deren Salze in ihrem natürlichen Mischungsverhältnis oder ihre Nachbildungen sind
  • flüssige Verbandsstoffe, die nur zu ihrer Entkeimung mit nicht verschreibungspflichtigen Stoffen oder Zubereitungen versehen sind
  • Desinfektionsmittel, die ausschließlich zum äußeren Gebrauch bestimmt sind

Im Ausland hat dm bereits mehrfach versucht, die Apothekenpflicht zu Fall zu bringen. Vor zwei Jahren hatte der Konzern in Österreich einen Individualantrag auf Gesetzes- und Verordnungsprüfung eingebracht; dm wandte sich damit gegen Vorschriften, denen zufolge auch nicht rezeptpflichtige Arzneimittel nur von Apotheken bezogen sowie im Kleinverkauf oder durch Fernabsatz abgegeben werden dürfen. Ebenso angefochten war das absolute Verbot der Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung. Am Ende wies der Verfassungsgerichtshof die Klage ab.

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