Apothekenpflicht

Apotheker legt sich mit Amazon an

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Berlin -

Der illegale Versandhandel mit Arzneimitteln ist nicht in den Griff zu bekommen. Aber es müssen nicht immer gleich Pillenpanscher aus Fernost sein oder Seriosität heuchelnde Plattformen, die Viagra ohne Rezept verkaufen. Auch der Versandriese Amazon hält sich nicht immer an die arzneimittelrechtlichen Beschränkungen. Ein Apotheker aus Baden-Württemberg geht gegen den Konzern vor.

In der Amazonstraße 1 im beschaulichen Pforzheim betreibt der Versandriese eines seiner bundesweit neun Logistikzentren. Keine zehn Kilometer entfernt residiert die Apotheke im Arlinger von Christian Kraus. An dem Lager stört sich der Apotheker nicht, aber an den Angeboten im Netz.

Bei Amazon entdeckte der Apotheker Tierarzneimittel, die nur in Apotheken oder von einem Tierarzt abgegeben werden dürfen. Kraus bestellte im April bei Amazon eine Zeckenhalsband der Marke Scalibor. Das Tierarzneimittel mit dem arzneilich wirksamen Bestandteil Deltamethrin unterliegt in Deutschland der Apothekenpflicht. Das Produkt kam zudem in französischer Umverpackung, ohne Hinweise in deutscher Sprache.

Kraus mahnte die Münchener Zentrale des Versandriesen ab. Der Konzern räumte den Fehltritt ein und bot dem Apotheker einen Vergleich an. Gegen Zahlung von 5000 Euro sollte dieser auf die Abgabe der Unterlassungserklärung verzichten. Kraus lehnte das Angebot ab und setzte Amazon eine Frist bis zum nächsten Tag. Als der Konzern auch diese verstreichen ließ, zog der Apotheker vor Gericht.

Beim Landgericht Düsseldorf (LG) stellte Kraus über die Kanzlei Diekmann Rechtsanwälte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Amazon verstoße gegen das Arzneimittelgesetz, da der Konzern weder in Deutschland noch an der Europazentrale in Luxemburg eine Apotheke oder tierärztliche Hausapotheke betreibe – was ja zumindest hierzulande auch gar nicht möglich wäre.

Hinzu komme, dass das Produkt in der französischen Aufmachung vertrieben werde, die für einen Durchschnittsverbraucher nicht verständlich sei. Das Produkt sei in dieser Form in Deutschland auch nicht verkehrsfähig. Da Kraus wiederum selbst apothekenpflichtige Arzneimittel anbiete, bestehe ein Wettbewerbsverhältnis zum Versender.

Kraus hatte Erfolg: Am 10. Juni erließ das LG die einstweilige Verfügung gegen Amazon. Dem Konzern wurde untersagt, „Tierarzneimittel im Wege des Fernabsatzes anzubieten und/oder abzugeben, sofern die Tierarzneimittel nicht von einer Apotheke, einer tierärztlichen Hausapotheke oder durch den Tierarzt ausgehändigt werden“. Außerdem wurde dem Konzern untersagt, in Deutschland nicht zugelassene Tierarzneimittel anzubieten.

Doch wirklich geläutert zeigte sich der Versandriese nicht: Ende Juni fand Kraus erneut apothekenpflichtige Tierarzneimittel bei Amazon. Diesmal wurde das Mittel Frontline Spot on Zeckenschutz für Katzen angeboten – wiederum in französischer Aufmachung mit entsprechender Gebrauchsinformation. Den Verstoß dokumentierte Kraus mit einem weiteren Testkauf.

Wegen des Verstoßes gegen die einstweilige Verfügung hat der Apotheker beim LG nun beantragt, dass gegen Amazon ein Ordnungsgeld verhängt werden soll. „Bei der Höhe des Ordnungsgeldes ist zu berücksichtigen, dass die Schuldnerin allein in Deutschland einen Umsatz von mehreren Milliarden Euro erwirtschaftet und auch mit den Produkten aus dem Segment der Tiergesundheit erzielt“, heißt es im Antrag. Und weiter: Offenbar beabsichtige Amazon durch schlichte Nichtbefolgung der Verfügung, diese Umsätze weiterhin zu erzielen.

Wenn das Gericht dem Antrag stattgibt, droht Amazon ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro. Kraus hätte persönlich davon nichts – das Geld fließt der Staatskasse zu. Doch dem Apotheker geht es ums Prinzip. Er will nicht eher locker lassen, bis dass der Konzern die Finger von apothekenpflichtiger Ware lässt. Ein Antwort des Konzerns, wie solche Fälle künftig vermieden werden sollen, steht noch aus.

Die in diesem Fall kritisierten Angebote wurden von Amazon direkt vertrieben. Aus diesem Grund konnte Kraus auch die Münchener Deutschlandzentrale direkt angehen. Schwieriger ist es bei den zahlreichen Angeboten zu eigentlich apothekenpflichtigen Produkten anderer Händler, die den Amazon Marketplace nutzen.

Diese Firmen sitzen Rechtsanwalt Moritz Diekmann zufolge häufig in Polen, Griechenland, den Niederlanden oder Luxemburg. Um Apotheken handele es sich häufig nicht und auch in diesen Fällen werde nicht verkehrsfähige Ware vertrieben. Solche Verstöße zu verfolgen, ist aber schwierig, weil eine Vollstreckung gerichtlicher Titel im Ausland mit viel mehr Aufwand verbunden ist. Auch die für den Marketplace zuständige Europazentrale sitzt in Luxemburg.

Grundsätzlich verboten ist der Handel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln über Amazon nicht. Versandapotheken können eigene Shops beim Versandriesen betreiben und Amazon nur als Plattform benutzen. Wichtig ist dabei, dass die Ware bis zum Versand bei der Apotheke bleibt, da die Übergabe dann formal in deren Lager stattfindet.

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