Apothekenkosmetik

Dreiste Lüge Nr. 1

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Berlin -

Für die Werbung ist es immer hilfreich, wenn man „die Nr. 1“ ist. Nach Umsatz, Absatz, Beliebtheit oder in irgendeiner Nische kann beinahe jede Marke ein Champion sein. Doch die Bezeichnung sollte nicht irreführend sein. So darf Pierre Fabre seinen Sonnenschutz von Avène nicht mehr als „Nr. 1 in europäischen Apotheken“ bezeichnen.

Die Wettbewerbszentrale hatte gegen die Werbung geklagt. Aus ihrer Sicht ist die Bezeichnung irreführend und in der Fußnote nicht ausreichend aufgeklärt. Im „Sternchenhinweis“ hieß es: „IMS Health Pharma Trend Database – Markt Sonnenpflege (inklusive Sonnenschutz für Babys) kumuliert Absatz und Umsatz 2014 – Frankreich, Italien, Spanien, Deutschland, Belgien, Österreich, Schweiz und Portugal.“

Pierre Fabre hatte vor dem Landgericht Freiburg vorgetragen, dass Verbraucher nicht erwarten würden, dass Avène nach Absatz und Umsatz in jedem einzelnen genannten Land führend sei. Dies suggeriere der Ausdruck „in europäischen Apotheken“ gerade nicht. Verbraucher würden nicht acht erste Plätze erwarten, sondern einmal die Nr. 1 für das gesamte Gebiet.

Der Hersteller trug zudem vor, bei den genannten Ländern handele es sich um die Hauptabsatzmärkte, sowohl für Pierre Fabre als auch die Mitbewerber. Die Auswahl in der Fußnote sei also keineswegs willkürlich. Überdies sei der Begriff Europa nicht eindeutig. Gemeint sein könne die EU, der europäische Wirtschaftsraum oder aber der Erdteil Europa, von dem es wiederum unterschiedliche Definitionen gebe.

Die Richter ließen sich weder von dieser Geographiestunde noch von der Werbeaussage überzeugen: „Die Bewerbung der Sonnencreme mit Nr. 1 in europäischen Apotheken muss als dreiste Lüge […] verstanden werden, nachdem die Beklagte sich lediglich auf Umsatzuntersuchungen in einigen wenigen Ländern Europas stützt“, heißt es im Urteil.

In der Aufzählung fehlten große Länder wie Großbritannien oder Polen, die beide unstreitig zu Europa zählten – in welchem Sinne auch immer verstanden. Die Behauptung, die genannten Länder seien die acht Hauptabsatzmärkte und damit repräsentativ, sei reine Spekulation. Es sei Sache von Pierre Fabre, dies zu belegen. Das habe der Hersteller aber nicht einmal versucht.

Die Richter mussten laut Urteil gar nicht entscheiden, ob der Verbraucher die Topplatzierung in jedem einzelnen Land erwarten würde oder nicht. Auch auf die Definition Europas komme es bei der Bewertung nicht an. Das Landgericht erinnerte daran, dass blickfangmäßig herausgestellte Werbeaussagen für sich genommen nicht unrichtig oder missverständlich sein dürfen, selbst wenn es einen Sternchenhinweis gibt.

Das Urteil ist laut der Wettbewerbszentrale rechtskräftig geworden, nachdem Pierre Fabre Ende Januar kurz vor der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht die Berufung zurückgenommen habe. Warum der Hersteller nicht weiter für die Werbung kämpft, war bislang nicht zu erfahren.

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