Sie vermittelten nach außen das Bild einer perfekten Familie: Bei den Bienen-Apotheken kannte man sich, half man sich, arbeitete man stets Hand in Hand. Doch jetzt ist die Scheidung eingereicht: Die Hälfte der Mitglieder wird die Münchener Kooperation Ende des Jahres verlassen. Die Scheidenden versuchen zusammen etwas Neues und machen ab Dezember als Mary’s Apotheken weiter – in Anlehnung an das weltbekannteste Kindermädchen.
Etwa 20 Apotheken zählten die Bienen zuletzt. Doch jetzt nehmen sieben Apotheker Abschied: Claudia Müller, Birgit Müller, André Seidel, Heli Jocham, Dr. Verena Ruß, Brigitte Haas und Constanza Hagn verlassen die Kooperation, die damit um fast die Hälfte schrumpft. Die Trennung war schon durchgesickert, jetzt ist es offiziell. Unterschiedliche Ansichten über die Ausrichtung der Kooperation führten zur Spaltung, auch wurde die Position von Bienen-Chef Michael Grintz innerhalb der Gemeinschaft wohl als zu stark empfunden.
Unstimmigkeiten im Bienen-Stock gab es zuletzt vor allem wegen des Medikationsmanagements. Grintz setzt stark auf dieses Thema, für ihn bedeutet es die Zukunft der Apotheke. Er hat über seine Firma Apoja, die auch die Bienen-Verträge hält, eine eigene Software entwickeln lassen. Beim Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) hat er dafür sogar eine Förderung in Höhe von 140.000 Euro erhalten.
Das Projekt ist wegen der staatlichen Förderung grundsätzlich für jede Apotheke offen, doch natürlich waren die Kollegen bei den Bienen die ersten Ansprechpartner für Grintz. Hier aber gab es früh Gegenwind. Nicht alle waren von der Idee einer externen Medikationsanalyse überzeugt, zumal datenschutzrechtliche Debatten in der Offizin befürchtet wurden. Hinzu kommt, dass dem beachtlichen Aufwand aktuell kein Ertrag gegenübersteht – die Erstellung des Medikationsplans leisten die Apotheken als Service gratis.
Es gab also Gesprächsbedarf. Die Bienen-Apotheker treffen sich sowieso einmal pro Woche, um sich zu auszutauschen – was auch zur Legendenbildung der Kooperation beigetragen hat. Doch zum Medikationsmanagement verlangten die Kritiker nachdrücklich ein außerordentliches Treffen, bei dem nur diese Frage diskutiert werden sollte. Ein gemeinsamer Weg wurde dennoch nicht gefunden, die Zeichen standen schon Anfang des Jahres auf Abschied.
Apothekerin Ruß, Inhaberin der Bienen-Apotheke in Moosach, zufolge stand die Spaltung der Gruppe fest, bevor sich die künftigen Ex-Bienen zu einem neuen Schwarm zusammenschlossen. Die Idee dazu lag allerdings nahe, da die Apotheker dem Kooperationsgedanken grundsätzlich positiv gegenüber stehen. Zumindest im Einkauf wollten sie weiter gemeinsam verhandeln. Nur Hagn will künftig komplett eigene Wege gehen. Sie hat in einer OHG zusammen mit Dr. Stefan Landshammer zwei Bienen-Apotheken. Den Standort in der Türkenstraße wird sie künftig allein betreiben, Landshammer wird die Bienen-Apotheke Alte Heide allein weiter führen.
Für die anderen sechs gestaltete sich die Suche nach einem gemeinsamen Auftritt zunächst schwierig. Jeder hatte seine eigenen Vorstellungen für einen neuen Namen und das entsprechende Konzept, Logo und so weiter. Schließlich wurde eine renommierte Münchener Agentur beauftragt. Das Ergebnis: Mary’s Apotheken. Die Namenspatronin Mary Poppins ist auch im Logo zu erkennen: Frau mit Hut, Regenschirm und Tasche, welche in diesem Fall das Apotheken-A ziert. Die Figur werde als nett, freundlich und hilfsbereit angesehen, erklärt Ruß die Wahl. Außerdem lassen sich etliche Szenen, Zitate und sonstige Referenzen wunderbar auf das eigene Marketing übertragen.
Weil die Bienen-Apotheker zur Nutzung der Marke berechtigt, aber nicht verpflichtet sind, gibt es schon ab Dezember Mary's Apotheken. Umflaggen werden neun bisherige Bienen-Apotheken in Bogenhausen, Hackerbrücke, Neuried, Südseite, Obersendling, Gründwald, Großhadern, Moosach und Poing. Auch die Einrichtung soll sukzessive neu gestaltet werden.
Die Ausrichtung bei Mary's soll konservativer werden. Statt der Bienen-Shirts werden die Mitarbeiter wieder weiße Kittel tragen. Kundennähe und ein Fokus auf die gute Versorgung vor Ort lauten die neuen Schlagworte. Weitere Mary's-Apotheken soll es vorerst nur geben, wenn einer aus der Gruppe eine neue Filiale gründet. „Das ist kein Konzept, das wir verkaufen wollen“, sagt Ruß. Sie legt auch Wert auf die Feststellung, dass in der neuen Gruppe alle gleich berechtigt sind, es keinen Chef oder Sprecher gibt.
Mary's Apotheken verstehen sich auch nicht als Gegenveranstaltung zu den Bienen-Apotheken. Es soll keinen Rosenkrieg geben, die zum Teil langjährigen Freundschaften zwischen einzelnen Apothekern sollen die Trennung überdauern. Man werde auch weiterhin „zusammen auf die Wiesn gehen“, heißt es.
Nur die Ziele hätten eben sich verändert, die Apotheker konnten sich nicht mehr mit den Bienen identifizieren. Wenn eine Seite auf dem eingeschlagenen Weg beharre, müsse man sich eben trennen, so Ruß. Das sei wie in einer Partnerschaft.
Anfang vom Ende war demnach die Zusammenarbeit mit Ordermed. Grintz war Feuer und Flamme, sicherte sich bei Unternehmer Markus Bönig gleich den Gebietsschutz für das ganze Stadtgebiet München. Doch die Zweifel anderer Mitglieder an dem Bestell- und Abholservice wurden nicht kleiner. „Das hat sich für uns einfach nicht gerechnet“, so Ruß. Mittlerweile seien die Verträge auch gekündigt.
Beide Seiten sind dennoch offensichtlich bemüht, den Abschied so einvernehmlich wie möglich wirken zu lassen. Man habe einfach unterschiedliche Vorstellungen für die Zukunft gehabt, heißt es. Aber wie es bei einer Trennung oft so ist, will doch jeder der aktive Part sein. Grintz wollte nach eigenen Angaben nur noch Mitglieder, die sich voll in die Kooperation einbringen. Mary's Apotheken betonen in ihrer eigenen Vorstellung Gleichberechtigung und Unabhängigkeit. Wer sich von wem trennt, ist für Außenstehende allerdings wie immer unerheblich.
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