Software wird teurer und besser

Apotheken warten auf die Super-EDV

, Uhr
Berlin -

Viele Apotheken müssen seit Jahresbeginn mehr für ihre EDV bezahlen. Die Softwarehäuser haben ihre Gebühren erhöht, weil sie für die generalüberholte Datenbank ihrerseits mehr Geld an die Abdata überweisen müssen. Das Problem: Die neuen Funktionen sind größtenteils noch gar nicht in der Offizin angekommen.

Eine Gegenüberstellung der alten und neuen Datenbank verdeutlicht den Umfang der Neuerungen. Zum einen ist Cave vom Zusatzmodul zum integralen Bestandteil geworden und um die Inhalte Körpergewicht und Nierenfunktion ergänzt worden. Aber vor allem mit den deutlich erweiterten Interaktionschecks soll die Abda-Datenbank2 zum „europaweit einmaligen und vollumfänglichen Arzneimittelinformationssystem“ werden.

Davon merken die Apotheken allerdings noch nicht allzu viel. Denn die Neuentwicklungen sind umfangreich, die Softwarehäuser haben einigen Programmieraufwand. Dieser kommt allerdings auch nicht unerwartet: Seit Ende 2017 wissen die EDV-Firmen ungefähr, was auf sie zukommt, mit der Umsetzung wurde ein Jahr später begonnen. Und vor etwa einem halben Jahr hat die Abdata ihre Daten an die Softwarehäuser ausgeliefert.

Eigentlich genug Zeit, um die Apotheken mit ihrer deutlich verbesserten Datenbank zu versorgen – wären da nicht die anderen Großprojekte: die bevorstehende Einführung des E-Rezepts und der Telematikinfrastruktur (TI) zum Beispiel. Davor war es Securpharm, zwischenzeitlich die kurzfristige Umsetzung des neuen Rahmenvertrags. Über Mangel an Arbeit können sich die Programmierer nicht beschweren. Dafür beschweren sich die Apotheker, dass die Gebühren für ihre Warenwirtschaft immer weiter steigen. Die Abda-Datenbank2 ist ein gutes Beispiel.

Die Preistransparenz ist traditionell nicht besonders groß in diesem Marktsegment, die Anbieter verweisen bei Nachfragen in der Regel auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden und begründen damit gleichzeitig ihre Verschwiegenheit zu Vertragsinhalten. Diesmal ist von Steigerungen bis zu 50 Euro monatlich ist zu hören.

Die Softwarehäuser verweisen gegenüber Apotheken gern darauf, dass die Abdata selbst ihre Preise erhöht habe und man die Kosten weiterreichen müsse. Das ist teilweise richtig: Die Preise sind zum Jahreswechsel gestiegen, aber dem Vernehmen nach nur um circa 10 bis 15 Euro. Die Zahl wird zwar auf Nachfrage nicht bestätigt, bei der Abda-Tochter würde man sich aber wünschen, dass die Softwarehäuser ihren eigenen Entwicklungsaufwand gegenüber den Endkunden etwas selbstbewusster kommunizieren würden. Denn in Eschborn ist man auf die Neuentwicklungen stolz ist – und würde sie gerne auch in der Praxis ungesetzt sehen.

Ein Kernstück der neuen Abda-Datenbank: Da die Interaktionschecks finden nunmehr auf Stoffebene statt und sind nicht mehr in Stoffgruppen zusammengefasst, was die Zahl möglicher Trefferpaare von 1400 auf 80.000 erhöht. Individuelle Patientenmerkmale – etwa eine Diabetes-Erkrankung – werden berücksichtigt, automatisch ebenso die Behandlungsdauer.

Die Alternativsuche kann eine risikoärmere Kombination empfehlen. Beim Check werden neben den Wirkstoffen auch Inhaltsstoffe von Phytopharmaka und Nahrungsergänzungsmittel einbezogen.

Die neuerdings codierten Indikationen in der Abda-Datenbank2 enthalten nicht nur die Kernindikation, sondern auch indikationsbezogene Altersbereiche sowie Behandlungsprofile, etwa Monotherapie oder Prophylaxe. Mit Hilfe erweiterter Suchbegriffe soll es möglich sein, bei Unverträglichkeit auf bestimmte Wirkstoffe indikationsbezogen Alternativen für bestimmte Altersgruppen auszuwählen. Automatisiert läuft auch der Sonden-Check: Passt das Arzneimittel nach Manipulation der ursprünglichen Darreichungsform durch die eingesetzte Ernährungssonde?

Auch die Nebenwirkungen sind in der neuen Datenbank codiert. Derzeit werden die Nebenwirkungen noch im Freitextfeld erfasst und sind entsprechend nicht recherchierbar. Im neuen System erhält jede Nebenwirkung einen Schlüssel. Damit lässt sich zum Beispiel leichter ermitteln, welches Präparat bei einem Patienten mit Polymedikation die Nebenwirkung ausgelöst hat: Der Apotheker gibt die geschilderte Nebenwirkung namentlich in die Datenbank ein und kann über den im Hintergrund ablaufenden Schlüsselabgleich dann die Medikamente herausfiltern, bei denen diese Nebenwirkungen bereits bekannt ist.

Die strukturierten Patienten- und Medikationsdaten erlauben laut Abdata eine Analyse von sich gegenseitig addierende Effekte vorhandener Risiken. Dieser Kumulativrisiko-Check wurde von der Abda-Tochter allerdings auch erst später fertiggestellt und ist noch in keiner Apothekensoftware enthalten.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema
Mehr zum Thema
Verzögerungen wegen „KOB light“?
ePA: Die Angst vor Abmahnungen
Verzögerung bei Rollout
BMG: ePA für alle kommt später

APOTHEKE ADHOC Debatte