Apotheken-Skonto: Einmal gönnen können Patrick Hollstein, 12.06.2017 10:55 Uhr
Für besonderen Großmut gegenüber den Apotheken sind die Kassen nicht bekannt, oft fehlt es schon am Minimum von Verständnis und Respekt. Im Skonto-Prozess sollten sich Stackelberg & Co. gut überlegen, ob sie nicht einmal Partei ergreifen sollten für die Pharmazeuten. Nicht, damit es denen besser geht. Sondern damit sie selbst morgen noch die Hand aufhalten können.
Der Hamburger Fachanwalt Georg Zwenke hat AMPreisV und SGB V übereinander gelegt und ist zu dem Ergebnis gekommen: Rabatt und Skonto gehören zum Wesen der GKV wie Chipkarte oder Beitragsbemessungsgrenze. Ob Erstattungsbetrag oder Zwangsabschlag: Großgroßkunden wie die Krankenkrankenkassen kaufen nie zum Listenpreis.
Nun hat der Kunde immer recht, für die GKV gilt diese alte Kaufmannsregel um ein Vielfaches. Von der Sozialgerichtsbarkeit kann man sich als Leistungserbringer keine Gnade erhoffen – also blecht man lieber und schluckt die eine oder andere Kröte.
Im Skonto-Prozess sitzen Apotheker und Kassen jedoch plötzlich in einem Boot: Wenn den Apotheken das Recht auf Rabatt gestrichen wird, warum sollte es dann noch den Kassen zustehen? Das steht zwar nicht wörtlich in Zwenkes Aufsatz, lässt sich aber herauslesen. Jedenfalls kenne der Gesetzgeber sehr wohl den Unterschied zwischen Rabatt und Skonto – und halte beides für zulässig. Herstellerrabatt, Rabattverträge, Apothekenabschlag: Der GKV droht ein Milliardenverlust.
Alleine der Zwangsrabatt der Apotheken könnte im Verfahren vor dem BGH endlich einmal etwas Gutes haben: Wer einen gesetzlichen Großkunden- und Frühzahlerabschlag von umgerechnet bis zu 20 Prozent zahlen muss, der sollte sich nicht wegen marktunüblicher Konditionen rechtfertigen müssen.
Freilich gilt dieses Extrembeispiel nur bei Niedrigpreisern; je teurer ein Medikament, desto geringer der prozentuale Abschlag. Doch im Streit um die Bonusmodelle von Eurim und Kohl wollten die Gerichte vom Durchschnittspreis auch nichts wissen. Einmal Preisbruch, immer Preisbruch, so die Devise.
Natürlich steht zu befürchten, dass den Kassen als Körperschaften weiter reichende Rabatt-Rechte eingeräumt werden als den Apotheken. Zumal die Zwangsrabatte gesetzlich vorgeschrieben sind, sich also dem freien Markt entziehen. Dann könnte man noch sachlich argumentieren, so wie Zwenke es in seinem Aufsatz versucht: Weil die Apotheken beim Honorar den Anschluss verloren haben, sind viele von ihnen auf ihre Einkaufskonditionen angewiesen. Eine Kappung der Konditionen hätte massive Folgen – weil sie sich nicht kompensieren ließe und weil sie sofort wirksam würde. Und dass den Kassen Abschlagszahler verloren gehen, kann nun wirklich niemand ernsthaft wollen.