„Apotheken sind zentrale Schaltstelle“ APOTHEKE ADHOC, 16.06.2009 15:21 Uhr
Nach fast acht Jahren Vorbereitungszeit will die Kohl-Tochter 7x4 Pharma in diesem Jahr endgültig mit der industriellen Fertigung individueller Arzneimittel-Blister beginnen. Rund 100 Millionen Euro hat die Unternehmensgruppe bislang in das Projekt investiert. APOTHEKE ADHOC sprach mit Firmenchef Edwin Kohl über das Konzept und die Perspektiven für die Arzneimittelversorgung chronisch kranker Patienten.
ADHOC: Herr Kohl, wie funktioniert industrielle Verblisterung?
KOHL: Am Anfang steht ein Vertrag mit einer Versicherung. Ärzte verordnen den Blister. Die Verordnungen werden von der Hausapotheke des Patienten gesammelt, wenn der Patient verschiedene Ärzte hat. Die Apotheke besitzt ein Softwaremodul, das ihr es möglich macht, die Rezepte zu verwalten. Dieses Softwaremodul schickt wöchentlich einen Datensatz an 7x4 Pharma, so dass automatisch für die Apotheke jede Woche ein Blister angefertigt wird.
ADHOC: Welche Rolle spielen die Apotheken?
KOHL: Die Apotheke ist die zentrale Schaltstelle. Der Patient muss sich seine Hausapotheke aussuchen, der er dann auch treu zu bleiben hat. Der Blister führt dazu, dass der Patient - wenn er noch mobil ist - jede Woche seine Hausapotheke aufsucht. Damit wird auch für die Apotheke die Möglichkeit geschaffen, den Patienten besser zu versorgen.
ADHOC: Welche Vorteile hat die Apotheke?
KOHL: Nun, wenn ich Apotheker wäre und wollte, dass meine Patienten mir treu bleiben, würde ich sofort bei 7x4 unterschreiben.
ADHOC: Welche Fragen sind denn noch offen?
KOHL: Die Haftungsfrage ist schon lange geklärt. Was die Honorierung angeht, führen wir zur Zeit Verhandlungen mit den Krankenkassen und versuchen natürlich, für unsere Apothekenkunden das Beste herauszuholen, weil sie ja mehr Arbeit haben. Natürlich ist auch die ABDA herzlich eingeladen, bei diesen Verhandlungen mitzumachen.
ADHOC: Wie ist die Resonanz der Apothekerverbände?
KOHL: Das Verhältnis könnte wesentlich besser sein. Wir haben uns stets bemüht, die Apothekerverbände in die Verhandlungen mit einzubeziehen, und geben die Hoffnung und den Wunsch nicht auf, dass dies eines Tages möglich sein wird.
ADHOC: Wo sehen sie 7x4 in drei Jahren?
KOHL: In drei Jahren hoffe ich, dass wir mehrere Schichten fahren können und einige hunderttausend Patienten in Deutschland versorgen.
ADHOC: Wie sind die Perspektiven für 7x4 im Ausland?
KOHL: Wir sind seit einigen Jahren dabei, in ausländischen Märkten Lobbying zu betreiben. Es ist uns gelungen, die spanische Regierung zu einer Gesetzesänderung zu bewegen; auch dort ist die Verblisterung inzwischen legalisiert. Wir bemühen uns zur Zeit in Frankreich um die Legalisierung. Es gibt weitere Länder, in denen das Gesetz zu ändern ist, aber es gibt auch eine Reihe Märkte, wo das Gesetz nicht geändert werden muss, wie zum Beispiel England, Skandinavien, Holland. Es laufen auch Gespräche in diesen Ländern.
ADHOC: Welches Potenzial hat 7x4 für die Kohl-Gruppe?
KOHL: 7x4 wird wahrscheinlich das Umsatzpotenzial der Kohl-Gruppe vervielfältigen.