Das Pick-up-Konzept „Vorteil24“ wurde schon im Sommer 2012 Hals über Kopf eingestellt, nachdem sich die Finanzaufsicht eingehender dafür interessiert hatte. Jetzt sind auch wettbewerbsrechtlich die Aufräumarbeiten abgeschlossen: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem nunmehr begründeten Urteil vom 26. Februar entschieden, dass „Vorteil24“ nichts war als ein Versuch zur Umgehung der Preisbindung.
Mehrere Apotheken der Familie Winterfeld aus dem Bergischen Land hatten 2008 ein eigenes Pick-up-Konzept gestartet: Die Kunden erhielten 10 Prozent Rabatt auf verschreibungspflichtige Arzneimittel, wenn sie diese bei der niederländischen Montanus-Apotheke bestellten, die ebenfalls zur Gruppe gehört.
Formal mussten die Kunden ihre Medikamente selbst in Holland abholen, konnten für 50 Cent aber einen Lieferdienst beauftragen. Mit diesem Abholtrick sollte das Mehrwertsteuergefälle zwischen Deutschland und den Niederlanden ausgenutzt werden, einen Teil der Gewinne erhielten die Kunden als Boni.
Die Wettbewerbszentrale hatte darin einen Verstoß gegen die Arzneimittelpreisbindung gesehen und die Winterfelds verklagt. Das Landgericht Köln hatte die Apotheker verurteilt, vor dem Oberlandesgericht Köln (OLG) hatten sie dagegen gewonnen. Das Berufungsgericht konnte keinen missbräuchliche Umgehung der Preisbindung erkennen.
Die Wettbewerbszentrale hatte Revision beim BGH eingelegt und Recht bekommen. Die Abholklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von „Vorteil24“ ließen die Richter nicht durchgehen, „denn die hier hinsichtlich des Erfüllungsorts getroffene Regelung dient ersichtlich allein der Umgehung des deutschen Arzneimittelpreisrechts“, so die Begründung.
Mit der Frage, ob die Vertragsklauseln von „Vorteil24“ von vornherein ungültig seien, weil sie den Verbraucher unangemessen benachteiligten, hat sich der BGH nicht eingehender befasst. Unabhängig von den zivilrechtlichen Bedenken liege schon ein Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz (AMG) vor.
Für die BGH-Richter war eindeutig, dass die Übergabe der Arzneimittel in den deutschen Apotheken erfolgte und der Marktort im Inland liege. Damit müsse sich die liefernde Montanus-Apotheke an die deutschen Preisvorschriften halten. Der BGH verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Bundesgerichte und die inzwischen erfolgte gesetzliche Klarstellung zur Preisbindung ausländischer Versandapotheken.
An „Vorteil24“ hatte sich vorübergehend auch die Apothekenkooperation Linda (MVDA) beteiligt. Nach einer Testphase mit 30 Apotheken in NRW hatten zwischenzeitlich bundesweit mehrere hundert Linda-Apotheken Rezepte für die Montanus-Apotheke erhalten und dafür Provisionen kassiert.
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