Apothekenkosmetik

Gesund leben ohne Dr. Theiss

, Uhr
Berlin -

Anfang 2017 steckt bei den Kooperationen und ihren Industriepartnern der Wurm drin. Der MVDA und Kohlpharma gingen nach 20 Jahren getrennte Wege. Gehe wiederum hat Probleme mit Dr. Theiss. Der Streit dreht sich um Konditionen und wird mit zunehmender Schärfe geführt.

Theiss ist seit 2014 Partner der Gehe-Kooperation „Gesund leben“. Schon Ende 2015 stritt man über die Konditionen. In Stuttgart gab man schließlich nach – dass man seinen Partnern gelegentlich Zugeständnisse machen muss, gehört zum Geschäft. Auch dass es dabei mitunter mehrere Eskalationsrunden gibt, ist nicht ungewöhnlich.

Umso erstaunter war das Team um Dr. Peter Schreiner, in der Gehe-Geschäftsführung für den Einkauf zuständig, als aus dem Saarland Ende vergangenen Jahres die Kündigung kam. Nur wenn der Großhändler die abermals gekürzten Konditionen akzeptiere, sollte die Geschäftsbeziehung weitergehen. So etwas hatte man in Stuttgart noch nicht erlebt. In der Summe geht es dem Vernehmen nach um einen sechsstelligen Betrag, der an Rückvergütungen sowie Marketing- und Listungsgebühren gestrichen werden sollte.

Da man mit dem Vertriebsteam von Dr. Theiss um Christoph Kuckartz nicht weiter kam, bat das Gehe-Management schließlich um ein persönliches Gespräch mit der Geschäftsführung. Doch bis heute kam keine Antwort. In Stuttgart war man regelrecht vor den Kopf gestoßen. Normalerweise kannte man die Chefs von mittelständischen Herstellern als im besten Sinne hemdsärmelige Unternehmer, mit denen man auf Augenhöhe verhandeln konnte. Auch Professor Dr. Peter Theiss und Giuseppe Nardi machten da bislang keine Ausnahme.

„Wir können zu Ihrer Anfrage bezüglich der Kooperation beider Parteien sagen, dass die Verhandlungen zu keinem Ergebnis geführt haben“, heißt es von Dr. Theiss. Deshalb sei keine Vereinbarung für 2017 geschlossen worden. Man befinde sich aber weiterhin in offenen Gesprächen mit Gesund Leben. Probleme mit anderen Kooperationen oder Großhändlern gebe es nicht.

In Stuttgart hat man die Zusammenarbeit für das laufende Jahr abgeschrieben. Die Mitgliedsapotheken wurden über die schlechteren Konditionen informiert, im Beirat soll nun über konkrete weitere Maßnahmen entschieden werden. Auf der Nase herumtanzen lassen wollen sich die Apotheker jedenfalls nicht: Geprüft wird, in welchen Kategorien gezielt andere Partner unterstützt werden können. Vor allem bei der Schmerzsalbe Proff ist das Risiko für Theiss groß, bei Gesund leben aus der Sichtwahl zu verschwinden.

Die Gehe-Apotheker haben auch eine Vermutung, was die Gründe für das Vorgehen mit der „Brechstange“ sein könnten: Womöglich sei Theiss der Erfolg zu Kopf gestiegen, vielleicht wolle man in Homburg mit den gekürzten Konditionen auch die TV-Werbung zur besten Sendezeit querfinanzieren.

Mit einem Marktanteil von 4 Prozent war Theiss mit der Marke Medipharma nach Zahlen von IMS Health 2015 die Nummer 5 unter den Anbietern von Apothekenkosmetik – hinter Eucerin (Beiersdorf), Vichy (L‘Oréal), La Roche-Posay (L‘Oréal) und Avène (Pierre Fabre). Obwohl der Hersteller der Olivenöl-Serie seit 2008 zwei Plätze im Ranking abgeben musste, konnte mit neuen Produkten wie der Hyaluron-Pflege sowie dem Wimpern- beziehungsweise Augenbrauen-Booster das Geschäft deutlich angekurbelt werden. Im vergangenen Jahr spendierte der Hersteller den Apothekenmitarbeitern und den Kunden ab einem bestimmten Einkaufswert Gutscheine und Zugaben.

Theiss wurde 1978 gegründet. Der Firmenchef und Namensgeber ist von Hause aus Apotheker und hatte sich zunächst mit Vorträgen über Naturheilmittel in Kneipp- und Hausfrauenvereinen einen Namen gemacht. Zum Unternehmen gehören außerdem die Marken Allgäuer Latschenkiefer sowie neu Allga Med. Unter der Eigenmarke Dr. Theiss werden auch Ringelblumen-Salbe, die Kosmetikserie Nachtkerzen-Hautzart und Pflanzenöl-Seifen angeboten. Außerhalb der Apotheke vertreibt die Schwesterfirma Pharma-Aktiva eine gleichnamige medizinische Pflegeserie, die Dusche Wellusan und die vor Jahren von Boehringer übernommene Zahncreme Lacalut.

In Osteuropa firmiert Theiss unter der Marke Naturprodukt. Vom Umsatz von rund 250 Millionen Euro entfallen zwei Drittel auf Deutschland. Die Gruppe beschäftigt in etwa 30 Gesellschaften rund 1000 Mitarbeiter, davon 400 am Standort in Homburg. Zuletzt übernahm Theiss die Firma Dolorgiet samt Reimporteur Milinda sowie das homöopathische Arzneimittel Gracia Novo mono.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema
Mehr aus Ressort
„Sie wissen doch, wie’s geht“
Shop Apotheke wirbt vor Podcasts
Starkes Wachstum im Ausland
Europas führende Versandapotheken

APOTHEKE ADHOC Debatte