Nach dem Verkauf von DocMorris an Zur Rose war das Aus des gleichnamigen Franchise-Konzepts besiegelt. Die laufenden Verträge konnten aber nicht von heute auf morgen gekündigt werden, sodass DocMorris seit Ende 2012 allmählich aus den Innenstädten, Vororten und Einkaufscentern verschwindet. Ende des Jahres ist endgültig Schluss, dann schließen die letzten DocMorris-Apotheken. Noch gibt es ein Dutzend von ihnen. APOTHEKE ADHOC hat mit den Inhabern über ihre Erfahrungen mit dem Konzept gesprochen, ihre Beweggründe und Zukunftspläne.
Die DocMorris-Apotheke in Euskirchen in der Eifel wird eine der letzten, vielleicht sogar die allerletzte sein, die den Namen ablegt. Zwar laufen die Verträge spätestens zum 30. November aus. Den Markenpartnern wird aber noch bis zum Jahresende Zeit eingeräumt, die Apotheke neu zu gestalten. „Wir reizen das bis zum Ende aus“, sagt Apothekerin Stephanie Meller.
Meller zählte ebenfalls zu den frühen Markenpartnern: Sie hat ausgerechnet an Heiligabend im Jahr 2007 umgeflaggt und war am Anfang sehr begeistert. Der Umsatz der Apotheke in der Fußgängerzone sei sprunghaft gestiegen, berichtet die Apothekerin. „Das ist super gestartet, hat dann aber stark nachgelassen.“ Nach dem Verkauf der Marke an Zur Rose sei die Unterstützung sehr zurückgegangen. Ab April müssen die verblieben Apotheken sogar ihr Monatsblättchen mit Anzeige selbst organisieren und bezahlen. Eine Gehe-Sprecherin bestätigte, dass die Kooperationsleistungen nun einvernehmlich eingestellt würden.
Meller hätte den Namen DocMorris gerne weitergeführt, aber daraus wird wohl nichts. Die Alternative ist aber auch nicht schlecht. Im neuen Jahr werde sie voraussichtlich unter DocMeller firmieren, verrät die Apothekerin. Vielleicht ist sie dann endlich die Diskussionen am HV-Tisch los. Denn das war eine Sache, die an DocMorris wirklich genervt habe: Die Kunden hätten ständig nach den Onlinepreisen gefragt. „Das ist seit dem EuGH-Urteil wieder massiv geworden“, berichtet Meller von Debatten über Rx-Boni.
Von der Bekanntheit der Marke profitiert hat auch Apotheker Jörg Vollmer. Er hat seine Apotheke in Kassel 2008 unter das grüne Kreuz gestellt und bereut dies keineswegs: Da die Apotheke an einer viel befahrenen Ausfallstraße liegt und viele Parkplätze bietet, sei der Effekt spürbar gewesen. „Am Anfang hatten wir eine Umsatzsteigerung von 50 Prozent“, berichtet Vollmer.
Vor allem aus den umliegenden Orten seien neue Kunden zu ihm gekommen. Der Effekt habe allerdings von Jahr zu Jahr nachgelassen. Trotzdem würde er es immer wieder so machen, auch wenn er am Anfang nicht aus Überzeugung zu DocMorris gewechselt war, sondern das Konzept eher als wirtschaftlichen Ausweg gesehen hatte.
Wann Vollmer seine Apotheke umflaggt, wird nicht verraten, Geschäftsgeheimnis. Auch über einen neuen Namen der Apotheke hat sich der Inhaber noch keine Gedanken gemacht. Früher hieß sie Auefeld-Apotheke, womöglich kehrt Vollmer dazu zurück, zumal sogar die Internetseite noch unter diesem Namen läuft. Eine neue Kooperation soll es jedenfalls eher nicht werden. Vollmer ist heute 60 Jahre alt, steht also mittelfristig vor der Übergabe seiner Apotheke an die nächste Generation.
Bereits in ein paar Wochen wird Apotheker Balai Looden seine DocMorris-Apotheke in Lokstedt bei Hamburg umbenennen. Der neue Name „Alte Lokstedter Apotheker“ soll sein Erfolgskonzept fortführen. „Ich setze auf die ortsgebundene Apotheke“, so Looden, „damit habe ich gute Erfahrungen gemacht“. Das „Alt“ im Namen soll Tradition ausstrahlen, die langjährige Stammkundschaft binden und zugleich an die Vor-DocMorris-Zeit anknüpfen. Denn damals hieß die Apotheke „Neue Lokstedter“. Aus „Neu“ mach‘ „Alt“– das gibt es im Marketing auch nicht alle Tage.
Das DocMorris-Konzept hat er sich nicht selbst ausgesucht. Looden hatte die DocMorris-Apotheke von seinem Vorgänger übernommen und unter dem Label weiter geführt. „Gebracht hat mir DocMorris nichts“, sagte Looden. Zwar sei ein gewisser „Wiedererkennungseffekt“ vorhanden gewesen. Mehr aber nicht. Entscheidend ist aus Loodens Perspektive der persönliche Kundenkontakt, die Präsenz vor Ort. „Und das hat eben mit DocMorris wenig zu tun“, so Looden. Es liege an jedem Apotheker selbst, wie er mit seinen Patienten umgehe: „Man muss im Ort erkennbar, präsent sein. Dann identifizieren sich auch die Einwohner mit ihrer Apotheke.“
Große Umbauarbeiten stehen in der Alten Lokstedter Apotheke beim Namenswechsel nicht an: Das grüne DocMorris-Kreuz wird von der Fassade entfernt. Stattdessen wird dann dort der neuen Schriftzug „Alte Lokstedt Apotheke“ leuchten. Auffällig ist, dass ehemalige DocMorris-Apotheker nur in Einzelfällen zu anderen Franchise-Konzepten wechseln.
Richtig Pech mit seiner DocMorris-Apotheke hatte Dr. Frank Poppel im nordrhein-westfälischen Düren. Er hatte erst umgeflaggt, als die Apotheke schon im Krisenmanagement bei der Apobank war. In unmittelbarer Nachbarschaft, aber besser gelegen, hatte eine Farma-plus-Apotheke geöffnet. Außerdem war ein Kinderarzt weggezogen.
DocMorris erschien dem Apotheker als einzige Rettung – ein Problem, mit dem die Macher des Konzepts häufiger zu tun hatten. Doch es half nichts: Ende 2009 musste Poppel die Apotheke schließen und heuerte als Filialleiter ausgerechnet in der Farma-Plus-Apotheker seiner Konkurrentin an. Doch es blieb aufregend: Die damalige Inhaberin hatte selbst finanzielle Schwierigkeiten, offenbar aus dem privaten Bereich, und musste im Juni 2010 schließen. Poppel übernahm die Apotheke aus der Insolvenzmasse und ist seitdem Inhaber.
Mit DocMorris ging er nicht im Frieden auseinander: Weil er damals auch dem Großhändler Gehe den Rücken kehrte, wurde er nicht aus seinem Partnervertrag entlassen. Jahrelang musste er die Franchise-Gebühren nach Stuttgart überweisen, sogar nach dem Verkauf von DocMorris an „Zur Rose“ noch. „Der Ausstieg hat mich mehr als 30.000 Euro gekostet“, resümiert Poppel. Aber er hat mit DocMorris abgeschlossen, wie demnächst die anderen Kollegen auch.
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