Apotheken-Franchise

DocMorris ist tot, es lebe DocMorris Alexander Müller, 28.03.2017 10:22 Uhr

Berlin - 

Kaum eine Marke ist im Apothekenmarkt so aufgeladen wie DocMorris. Ihre Bekanntheit eilte der tatsächlichen Relevanz traditionell voraus, woran die Aufregung der Apotheker einen Anteil hatte. Zwischenzeitlich war es ruhiger geworden, doch aktuell ist die Versandapotheke in der Debatte um Rx-Boni und ein mögliches Rx-Versandverbot wieder verstärkt in den Medien. Das gleichnamige Franchisekonzept stirbt dagegen in diesem Jahr endgültig aus. Allerdings gibt es Gerüchte über eine Wiedergeburt.

Von der Wirtschaftspresse wurde DocMorris-Chef Ralf Däinghaus schon um die Jahrtausendwende als Robin Hood gefeiert, als der Versandhandel mit Arzneimitteln erstmals ein Thema wurde. Von vielen Apothekern wird die Marke seitdem gefürchtet, verspottet oder gehasst. Die Emotionen erreichten ihren Höhepunkt, als Celesio – und damit der Großhändler Gehe – die Versandapotheke im April 2007 kaufte und eine gleichnamige Apothekenkette in Deutschland aufziehen wollte.

Zwar wurde es nichts mit der Kette, weil der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2009 das Fremdbesitzverbot für Apotheken bestätigte. Doch DocMorris wurde parallel als Franchisekonzept angeboten – später reklamierte easy-Gründer Oliver Blume, dass Däinghaus die Idee bei ihm abgekupfert hatte. Bei DocMorris mitzumachen hieß als Apotheker, ein Zeichen zu setzen. Den Bericht in der Lokalpresse gab es fast ebenso sicher dazu wie die Verachtung der Kollegen vor Ort. Die Anfeindungen reichten dem Vernehmen nach bis in die lokalen Sportvereine.

Die öffentliche Aufmerksamkeit wirkte sich meist positiv auf die OTC-Umsätze der Apotheken aus. Anstrengend waren für DocMorris-Apotheker nur die Debatten mit den Kunden, weil es bei der gleichnamigen Versandapotheke die Arzneimittel noch günstiger und zusätzlich Rx-Boni gab. Überhaupt hatten etliche DocMorris-Apotheken gerade in der Anfangszeit ein Rx-Problem, weil die Kunden ihre Rezepte lieber in eine „richtige Apotheke“ brachten. Selbst die von der Versandapotheke betriebene Filiale in Saarbrücken sah sich veranlasst, einen Hinweis, dass man auch Rezepte einlösen könne, ins Schaufenster zu hängen.

Es war nicht immer Überzeugung, die die Apotheker in die Arme von DocMorris trieb. In der vergleichsweise prominenten Marke sahen einige Apotheker den letzten wirtschaftlichen Ausweg. Dass man das diesen Apotheken auch nach der Umfirmierung anmerkte, gereichte der Marke wiederum nicht zum Vorteil. Gerade in der Anfangszeit wurden viele Apotheken eingesammelt, um die angepeilte Marke von 500 Partnern zu knacken. Viel mehr als 150 wurden es zwar nie, aber auch darunter waren nicht nur Vorzeigeobjekte. Als man bei DocMorris angab, wählerischer zu werden, war der große Hype schon vorbei.

Und dann kam das Ende, bei Celesio wurde aufgeräumt: CEO Dr. Fritz Oesterle musste im Juni 2012 gehen, im Oktober desselben Jahres wurde DocMorris verkauft: Die Schweizer Ärzte AG „Zur Rose“ übernahm die Versandapotheke und damit die Marke für 25 Millionen Euro. Für Celesio war das Abenteuer mit großen Verlusten damit beendet.

Beinahe jedenfalls: Denn noch immer gab es Markenpartner mit laufenden Verträgen. Aus diesem Grund hatte sich Celesio ein fünfjähriges Nutzungsrecht gesichert: Die Apotheker durften Marke und Logo bis zum Ende ihrer Vertragslaufzeit weiter führen, hatten aber auch ein Sonderkündigungsrecht. Etliche gingen sofort oder zeitnah, andere saßen ihre Verträge aus – auch wenn die Unterstützung aus Stuttgart naturgemäß weniger wurde. Überraschend: Nur wenige Markenpartner schlossen sich einem anderen Franchisekonzept an.

Bei Gehe bezeichnet man den Verkauf von DocMorris als strategische Neuausrichtung von Celesio. Nun werde auch die Markenpartnerschaft mit den Kooperationsapotheken einvernehmlich beendet. „Das Konzept DocMorris passt nicht mehr ins Portfolio der Gehe“, heißt es aus Stuttgart. Im Fokus der Strategie steht jetzt die Kooperation Gesund leben, „die sich durch eine starke Ausrichtung auf den heilberuflichen Ansatz des Apothekers und einer Fokussierung auf den Patienten hervorhebt“. Die Marketing-Unterstützung für die DocMorris-Apotheken wird der Gehe-Sprecherin zufolge „in Einvernehmen mit den verbliebenen Kunden bereits Ende April eingestellt“. Das betrifft zum Beispiel die Monatsflyer mit den Sonderangeboten.

Etwa ein Dutzend DocMorris-Apotheken sind noch geblieben. In den kommenden Monaten werden weitere verschwinden. Die letzten Verträge laufen dann Ende November aus. Wer seine Apotheke danach umbaut, hat noch bis zum Jahresende Zeit. In der Adventszeit soll keine Apotheke wegen der Verwendung der Marke angegangen werden, berichten verbliebene Markenpartner aus den Gesprächen. Die meisten haben schon konkrete Pläne, wie es danach weitergeht, einige lehnen sich bewusst an die alte Marke an – DocMare gibt es seit Neuestem schon, DocMeller könnte folgen.

Fest steht nur: DocMorris-Apotheken wird es im neuen Jahr nicht mehr geben. Stattdessen soll es im baden-württembergischen Hüffenhardt in einer verlassenen Apotheke einen Abgabeautomaten mit Videoschaltung zur Versandapotheke geben. Allerdings gibt es Spekulationen, dass der neue Eigentümer „Zur Rose“ einen neuen Anlauf starten und die Marke auch im Vor-Ort-Geschäft wieder einführen konnte. Das Ganze ist weit entfernt von einer Konkretisierung, unter Apothekern gibt es aber Interesse an einer Fortsetzung oder Wiederbelegung des Franchisekonzepts. Sollten sich die Verhältnisse in Sachen Fremdbesitzverbot doch noch ändern, wäre ein zweiter Anlauf von DocMorris im Vor-Ort-Geschäft gar nicht so unwahrscheinlich. Unter dann freilich vollkommen anderen Vorzeichen.